Meinung/Kolumnen/Meine Stadt

Fragwürdige Diagnose

Dann schickte der Dienst habende Arzt Reinhold B.mit dem Taxi nach Hause.

Mag. Uwe Mauch
über eine fragwürdige Diagnose

Ärztliches Versagen? Ein Symptom von Sparmaßnahmen im Wiener Krankenanstaltenverbund? Reinhold B., ein 73-jähriger Wiener, weiß es nicht. Er hatte Anfang Jänner starke Schmerzen im Bauch gespürt, konnte auch nichts mehr essen, nichts mehr trinken, ohne sich danach sofort zu übergeben. In der Nacht rief er den Notarzt an.

Der zögerte nicht lange. Ließ den Leidenden sofort ins AKH einliefern. In der Notfallambulanz war nur ein Patient vor ihm. Trotzdem musste B. eine Stunde warten. Soll sein. Der diensthabende Arzt schaute die Befunde seines Leistenbruchs an und kam zu dem Ergebnis: Eh alles in Ordnung. Vielleicht sollte man aber einen ohnehin geplanten OP-Termin ein bisserl vorziehen. Dann schickte er Reinhold B. mit dem Taxi nach Hause.

Die Schmerzen wurden zu Hause nicht weniger. Im Gegenteil: Der 73-jährige Wiener wurde zunehmend schwächer, da er weiterhin kein Essen und kein Wasser bei sich behalten konnte. Zwei Tage später fuhr er ins Herz Jesu-Krankenhaus im 3. Bezirk, wo seine Leistenbruch-Operation geplant war. Dort diagnostizierten die Ärzte einen akuten Darmverschluss. Herr B. musste sofort operiert werden (nicht an den Leisten). Heute weiß er: „Hätte man mich nicht im letzten Moment behandelt, wäre ich wohl nicht mehr unter den Lebenden.“