Debakel, Entfesselung und Poesie
Von Michael Hufnagl
Die Sprachkünstlerin aus Attnang-Puchheim ist die Garantie dafür, dass wir uns niemals deamüsieren werden.
über Maria Fekter
Die U-Bahn-Zeitung frohlockte: „Nordlicht Natália scheint heute in Malmö!“ Half nicht. Die junge Frau Kelly scheiterte beim Song Contest schon im Spreu-Wetttrennen, aus Höflichkeit Semifinale genannt. Das Liedchen „Shine“ durfte damit just an dem Tag, als die Wachsfigur von Udo Jürgens präsentiert wurde, in die Schublade „Die Tradition des Debakels“ verräumt werden.
Es mag kein Zufall sein, dass die letzte Top-Platzierung ausgerechnet Alf Poier (6., 2003) gelang. Also einem, der nachweislich alles, nur kein Sänger ist. Nach ihm gab es vier Nichtteilnahmen, vier Nichtqualifikationen für das Finale, sowie einen 21. und einen 18. Platz. Klar, dass ein Blatt, das sich Österreich nennt, der landesweiten Empörung Stimme verlieh: „Blamage für ganz Österreich!“
Vielleicht hatte daher Michael Spindelegger bei seiner Österreich-Rede auch die Musikindustrie und die Schande von Schweden im Kopf, als er lautstark die „ Entfesselung der Wirtschaft“ forderte. So oder so schenkte er seinen 1200 geladenen Gästen als Goodie zu Trommelklängen und Lichtshow den !Kanzler!Anspruch! Mit neuem Sprachstil und neuem Dauerlächeln, neuer Frisur und neuer Zuversicht.
Aktionismus
Da kann auch ein Landeshauptmann, der sich mit einer grünen Koalitionspartnerin auf ein Konzept zur Gesamtschule einigt, nichts daran ändern. Spindelegger sagte nur: „Mit mir wird es keine Gesamtschule geben“. Weil einer wie er eben im Großen und Ganzen denkt.
Ansonsten bot die Politik in dieser Woche ...
a) einen Aktionistentag im Parlament. Endlich durften sich Abgeordneten im Namen der Biene Maja austoben. Der Misstrauensantrag gegen Minister Berlakovich wurde zur Sondersitzung nach dem Motto „Malen, basteln, formen“. Da gab es lustige T-Shirts, Summ-Summ-Plakate, Stoffbienen, Honiggeschenke. Und sogar eine Nationalratspräsidentin im schwarz-gelben Kostüm;
b) einen Rücktritt. Barbara „Ich bleibe“ Rosenkranz geht. Eventuell war es doch Straches Verwendung (fremder) Poesie, die der NÖ-FP-Chefin via Facebook die Augen öffnete: „Klug ist, wer stets zur rechten Stunde kommt, doch klüger, wer zu gehn weiß, wann es frommt.“ Leider sagte Rosenkranz nur, sie wolle der Partei „eine Zerreißprobe ersparen“. Statt dem Führer mithilfe desselben Lyrikers (Geibel) auszurichten: „Dem Irrtum, Freund, entgehst du nicht. Doch lässt dich Irrtum Wahrheit ahnen.“
Flucht
Apropos Poesie: Demnächst erscheint Felix Baumgartners Biografie. Das ist jener junge Hupfer, der aus steuerlichen Gründen in die Schweiz flüchtete, nachdem die politisch „schützende Hand“ nicht mehr den lukrativen Sportler-Erlass hatte gewähren können. Für Baumgartner war das dramatisch, denn er musste laut Standard nicht nur Haus, Büro und Sekretärin in Österreich zurücklassen, sondern „sogar meinen Hubschrauber“. Ja, so etwas könnte in einer gemäßigten Diktatur nicht passieren.
Baumgartners Lamento wurde im Übrigen fast Zitat der Woche. Gäbe es nicht Maria Fekter. Die zum Bankgeheimnis sagte: „Ich geh’ davon aus, dass wir heute deblockieren können.“ Die Sprachkünstlerin aus Attnang-Puchheim ist die Garantie dafür, dass wir uns niemals deamüsieren werden.
Twitter: @MHufnagl