Das Burgtheater braucht Zeit
Von Georg Leyrer
Es wird nicht mehr das selbe Burgtheater sein.
über die Probleme bei der Direktoren-Neubesetzung.
Es ist ja so etwas wie der Einserschmäh in Bewerbungsgesprächen: Der Bewerber wird nicht gefragt, wer er ist oder was er kann. Sondern was er über das Unternehmen weiß, für das er sich bewirbt.
Viele Jobsuchende geraten da aus dem Tritt. Für die Bewerber für die Leitung des Wiener Burgtheaters aber gibt es nur eine richtige Antwort: "Nichts."
Das weiß man nämlich derzeit über die Burg. Niemand weiß, wie groß die Lücke sein wird, die die Finanzaffäre gerissen hat und noch reißen wird. Dabei geht es nicht nur um die Finanzen, sondern auch um andere Lücken: Personelle und künstlerische Lücken sowie Risse im Renommee des Theaters. Niemand weiß, auf welchen budgetären Beinen es stehen wird. In welchem Umfeld – Stichwort Reform der Bundestheaterholding – es arbeiten wird. Niemand weiß, ob es nicht plötzlich zwei Burg-Chefs gibt, wenn Ex-Direktor Matthias Hartmann seinen Prozess vor dem Arbeitsgericht gewinnt.
Nur eines ist klar: Es wird nicht mehr dasselbe Burgtheater sein. Dass die Leitung nach der Entlassung Hartmanns ausgeschrieben werden musste, sieht das Gesetz vor. Nur: Eine allzu rasche Neubesetzung läuft Gefahr, diese Probleme und Fragestellungen zuzudecken, anstatt sie zu lösen.
Dass Martin Kušej, ein spannender möglicher Burgchef, schon abwinkte, darf als Alarmsignal gewertet werden.