Wie man den Hintern hochkriegt
Von Doris Knecht
Wie man den Hintern hochkriegt.
über Widerstandsbewegungen
Wie entstehen Bewegungen? Wie protestiert man effizient, wie organisiert man den Widerstand, wie macht man sich bemerkbar? Wie kommuniziert man im Chaos, wie wird man nicht festgenommen, wie verhält man sich unter Druck, gegenüber der Staatsgewalt oder wenn man doch festgenommen wird? Wie erhält man eine Bewegung am Leben? Was ist überhaupt der Auslöser für Menschen, nicht mehr zuzusehen, sondern sich unter persönlichem Einsatz zu engagieren?
Die Wiener-iranischen Brüder Arash und Arman T. Riahi geben in ihrem neuen Film genau darauf Antworten. Seit dem Wochenende läuft "Everyday Rebellion" im Kino, bei der Premiere gab es Standing Ovations – hernach aber auch durchaus kontroverse Diskussionen.
Der Film zeigt den Kampf von Bewegungen wie Occupy Wallstreet, Femen, den Yes Men, dem Widerstand in Syrien und im Iran: Die Mechanismen von Widerstand, die mühevolle und oft zermürbende Kleinarbeit, das Chaos, die Gewalt, die Angst ums Leben. Das war denn auch ein kritisch diskutierter Aspekt: Kann man eine ökonomiekritische Bewegung vergleichsweise gut situierter, vor allem aber freier Menschen vergleichen mit dem lebensbedrohlichen Freiheitskampf der Regimegegner in Syrien und dem Iran? Man kann, sagen die Riahi-Brüder: Denn sie werten nicht, wogegen die Menschen sich wehren, sie zeigen, wie sie es im Einzelnen tun. Und wie es am erfolgreichsten und effizientesten funktioniert.
Das hinterlässt tiefen Eindruck; vor allem, weil man als Zuseherin nicht umhin kann, das eigene Engagement, die eigene Trägheit, die eigene Wurschtigkeit zu hinterfragen: Wie weit wäre/ist man selber bereit zu gehen, um Protest zu signalisieren? Was muss passieren, damit man den Hintern vom Sofa hochkriegt und man etwas unternimmt, das über einen verbalen Wutanfall auf Twitterbook hinausgeht? "Everyday Rebellion" ist ein großer, wichtiger, empfehlenswerter Film: mitreißend, bewegend, aufwühlend. Und anregend, definitiv.