„Trost- und fantasielos angelegte Insel“
Von Doris Knecht
Investitionen in Utopien lohnen sich
über das Hochwasser
Zitat: „Die ÖVP sprach sich vehement gegen dieses Projekt aus, ,weil die Stadt Wien dringendere Aufgaben zu lösen hat.‘ Nach hitzigen medialen und politischen Debatten zog die Wiener ÖVP aus dem Gemeinderat aus. ÖVP und Kronen Zeitung forderten einen Stopp des ,Milliarden-Dings‘“.
Wer dieses Zitat aus profil jetzt aus einer Geschichte zur Wiener Verkehrspolitik-Debatte gerissen sieht, irrt. Es bezieht sich auf das Jahr 1973 und die Debatte über die geplante Donauinsel. Die damalige Wiener ÖVP beendete aus Protest gegen das Projekt sogar die Koalition mit der SPÖ. Zeitungsarchive sind doch immer wieder eine vortreffliche Erfindung: Die profil-RechercheurInnen fanden darin auch ein Pamphlet der Krone gegen die „trost- und fantasielos angelegte Insel zwischen zwei Donaurinnen“ mit der Conclusio: „Wer glaubt im Rathaus wirklich, dass Erholungssuchende zu kilometerlangen Fußmärschen bereit sind? Das Resultat wird eine Insel ohne Menschen sein.“ Die Prophezeiung erfüllte sich nicht ganz.
Dass die Wiener und Wienerinnen angesichts dieses katastrophalen Donauhochwassers kaum von der Zeitung aufblicken und die vorherrschende Emotion bei der Lektüre der Hochwasserberichte nicht höchste Besorgnis ist, sondern Mitgefühl mit Donau-Anwohnern in anderen Städten, liegt an der Donauinsel. Die ist bekanntlich in erste Linie zum Zwecke des Hochwasserschutzes errichtet worden und aus dem Aushub des Entlastungsgerinnes entstanden, aus dem sich als positive Nebenwirkung Wiens beliebtestes Naherholungsgebiet ergab.
Es ist natürlich bis heute nachvollziehbar, dass es gegen so ein Milliardenprojekt Widerstände von Politik, Medien und aus der Bevölkerung gab, zumal nicht sicher war, ob es sich bewähren würde. Heute ist man in vielerlei Hinsicht froh und dankbar, dass das Wagnis damals dennoch eingegangen wurde.
Investitionen in Utopien lohnen sich. Das Beispiel Donauinsel beweist das jeden Tag – und an diesen Tagen besonders.