Ein Mann wird Frau
Von Doris Knecht
Das ist ein wenig als würde Richard Lugner sich als schwul outen
über Bruce Jenner
Während sich bei uns das Jahr der Conchita mit dem Song Contest dem Ende zuneigt, hat in den USA eine ganz große Transgender-Debatte eben begonnen. Dort hat sich Bruce Jenner, Kim Kardashians Stiefvater, nach langen Spekulationen geoutet: Er ist eine Frau und möchte in naher Zukunft als Frau leben.
Das ist, wer Jenner nicht kennt, ein wenig als würde Richard Lugner sich als schwul outen: Millionen von Menschen haben Jenner über Jahre beim Leben zugesehen. Oder dem, was Doku-Soaps eben als Leben verkaufen: 485 Episoden von "Keeping up with the Kardashians" lang, sagte er am Sonntag in einem vielbeachteten Interview, habe er die eigentliche Geschichte für sich behalten: seine.
Die Geschichte, die jeder kannte, war die des Zehnkämpfers Bruce Jenner, der 1972 in München olympisches Gold erkämpfte, des Ehemanns von insgesamt drei Frauen und des Vaters von sechs leiblichen Kindern und vier adoptierten Kardashians.
Über die es viel Bescheuertes zu berichten gibt, aber wie die und seine anderen Kinder zuerst eisern Diskretion wahrten und sich dann, als er sich vor ein paar Tagen zu seiner Transsexualität bekannte, mit stolzen und ermunternden Tweets und Interviews hinter ihn und seine Entscheidung stellten, das war schon beeindruckend.
Und das wird Wirkung haben: Erst kürzlich hat das TIME -Magazine sowohl Kim Kardashian als auch ihren Angetrauten Kayne West (der auch das Cover zierte) unter die 100 einflussreichsten Menschen der Welt gewählt. Und es bedeutet etwas, wenn einer wie West, so erzählte es Jenner, dieses Coming-out nicht nur akzeptiert, sondern unterstützt und damit andere auf Gedanken bringt. Denn wer es einmal durchdenken kann, dass ein Mann eine Frau wird, dem ist dieser Gedanke schon nicht mehr fremd. Und so wie Conchita in Österreich in den Köpfen Denklawinen ausgelöst hat, wird das auch Jenner in den USA tun. Umso mehr, als er natürlich seine eigene Doku-Soap bekommt.