Bärtiges Totschlagargument
Von Doris Knecht
Wenn eine Stadt wie London die City-Maut nicht wieder rückgängig macht, sondern ausweitet, dann bedeutet das etwas. Es bedeutet, dass sie funktioniert. Sie verringert den Autoverkehr in der Innenstadt und verbessert damit die Umwelt- und Lebensqualität ihrer Bewohner- und BenutzerInnen. Sie macht die Fortbewegung für Fußgängerinnen und Radfahrer schöner. Und sie schwemmt Geld in die Stadt-Kassa: bis zu 200 Millionen Euro brächte eine City-Maut Wien. Es gehört faktisch zum Jobprofil einer grünen Regierungspartei, ihre Einführung zu forcieren: Und die Grünen haben völlig recht, die Sache nun anzugehen.
Die SPÖ blockiert: Mit einem lächerlichen Vergleich der City-Maut mit der Vorratsdatenspeicherung. Und mit dem langbärtigsten SPÖ-Argument: Es würden die wohlhabenden Autofahrer durch die City-Maut bevorteilt.
Genau so hat die SPÖ jahrzehntelang gegen die steuerliche Absetzbarkeit der Kinderbetreuung argumentiert: Dass sie besser verdienende Frauen bevorzuge, also jene, die sich Kinderbetreuung überhaupt leisten können. 2009 kam man endlich zur Vernunft und führte die Absetzbarkeit ein.
Denn mit diesem Argument lassen sich ja ziemlich viele Debatten totschlagen. Aber, seien wir realistisch: Reiche werden im Leben immer bevorzugt, reich zu sein macht den Alltag doch grundsätzlich wesentlich einfacher. Wenn die SPÖ mit dieser Bevorzugung ein elementares Problem hat, soll sie endlich die viel diskutierte Reichensteuer einführen und die mehr als 70.000 österreichischen Millionäre besteuern.
Aber so weit will man bei der Ent-Bevorzugung von Sehrgutverdienern und Supererben doch wieder nicht gehen. Lieber blockiert man vernünftige Ideen: Ideen, die auch in Wien funktionieren würden.