Dancing Stars: "Samba, Rumba, Mamba"
Von Guido Tartarotti
Ein Dancing-Stars-Finale besteht vor allem aus Warten. Die erste Viertelstunde wird damit verbracht, die bereits ausgeschiedenen Kandidaten noch einmal antanzen zu lassen, die drei Finalpaare in die Halle zu schieben und mit großer Ausdauer zu reden. (Denn ein Dancing-Stars-Finale besteht auch aus ziemlich viel Reden.)
Und es besteht auch aus Rückblicken. Ununterbrochen wird zurückgeblickt, auf frühere Auftritte und Interviews und Proben und auf die Tänze des Finalabends selbst. Das Warten und das Rückblicken gehen hier ineinander über.
Schnurrbart, Äm und Barbie-Puppe
Ein wenig Schauspiel gibt es diesmal auch, Anna Milva Gomes und Thomas Kraml müssen vor dem Salsa so tun, als seien sie gerade Gast in einem Restaurant – und tanzen dann auf dem Tisch. Juror Balazs Ekker findet den Tisch sehr gut. Möglicherweise wird der Tisch nächstes Jahr als Kandidat dabei sein. Riem Higazi hängt Wäsche auf, Dimitar Stefanin hat auf seinem Kopf einen Sombrero und einen Schnurrbart befestigt.
Jurorin Karina Sarkissova sagt, eine Frau müsse nicht aussehen wie eine Barbie-Puppe, um sexy zu sein, und man käme nie auf die Idee, ihr zu widersprechen. Martin Ferdiny und Maria Santner verzichten auf Schauspieleinlagen, sagen aber dafür im Vorgespräch sehr oft „Oida“, was auch schön ist. Mirjam Weichselbraun kontert sofort und sagt „DAS Kommentar“.
Apropos: Weichselbraun ist so gnadenlos sympathisch, dass Widerstand zwecklos ist. Wer aber ein Trinkspiel eingegangen ist, bei dem man jedes Mal, wenn Mirjam Weichselbraun „Äm“ sagt, einen Schnaps trinken muss, dem drohte bereits ab der dritten Moderation eine schwere Alkoholvergiftung.
Jurorin Nicole Hansen sagt über Martin Ferdiny: „Bei dir haben sich Körperteile bewegt, die sich vorher noch nie bewegt haben. Shaky shaky booty shaky alles shaky.“
Tränen, blaues Licht und Unterhose
Dann kommt etwas Neues – alle Paare müssen „contemporary“ tanzen, also freien, modernen Ausdruckstanz. Bei Gomes und Kraml bedeutet das viel Nebel und noch mehr Tränen. Bei Higazi und Stefanin Spiegel-Pantomime und ebenfalls Tränen. Bei Ferdiny und Santner blaues Licht (erinnert sich noch wer an „Rambo III“? „Das ist blaues Licht“ – „Was macht es?“ – „Es leuchtet blau“), viel Erotik und keine Tränen. Riem Higazi erzählt, dass sie sich beim Ausziehen der Unterhose den Finger verrenkt hat (don’t try this at home, kids!)
Das mit dem „Contemporary“ ist übrigens eine fabelhafte Idee – man lernt die Kandidaten auf eine ganz andere, spannende Weise kennen. Und sie haben das wirklich beeindruckend gemacht. Vielleicht müssen ja nächstes Jahr alle ihre Namen tanzen?
Dann kommt Helene Fischer und tut, was sie schon beim deutschen Cupfinale tat: Sie bestreitet die Halbzeitshow (mit einem Lied, im dem sich „die Lust, die brennt wie Feuer“ auf „Abenteuer“ reimt) und wird im Unterschied zum Cupfinale kein bisschen ausgepfiffen.
Wie immer verliert der Abend genau dann an Spannung, wenn er am spannendsten sein soll: bei der Verkündung der Abstimmungsergebnisse. Das Prozedere ist eine so elende Zeitschinderei, dass einem irgendwann wurscht ist, wer auf Platz 3 landet (es sind Riem Higazi und Dimitar Stefanin).
Klavier, Klavier und ein Sturz
Dann kommen die Showtänze. Anna-Milva Gomes und Thomas Kraml interpretierten Szenen aus dem Film „La La Land“ (mit Klavierspielen, Thomas Kraml hat geübt, aber ohne Fliegen im Planetarium) und kamen bei einigen Juroren gar nicht so gut an. Martin Ferdiny und Maria Santner tanzten zu „Music“ von John Miles (ohne das kein Classic-Rock-Sender auskommt, sonst riskiert er Hörer-Demonstrationen), ebenfalls mit Klavierspielen (Ferdiny ist ein begabter Musiker) und sogar Klavier-Tanzen und einem kleinen Sturz. Diesmal war die Jury mehr angetan. Und natürlich dürfen dann auch die Drittplatzierten außer Konkurrenz noch ihren Showtanz zeigen (und bringen Karina Sarkissova mit der wirklich beeindruckenden Lebensfreude dieser Interpretation zum Weinen).
Dann noch ein letztes Mal Warten, Rückblicken, Reden, Zeitschinden - und dann sind Ferdiny und Santner die neuen Dancing Stars. (Gerecht, wenn man die Finalshow bewertet, ungerecht, wenn man die ganze Staffel betrachtet, also letztlich: wurscht). Maria Santner flippt aus, alle weinen noch einmal ein bisschen und dann ist eine überaus sympathische, freundliche, angenehm harmlose Show zu Ende.
Ein lustiger und ein sehr berührender Moment bleiben von der Finalshow in Erinnerung.
Frei, erobert und ok
Der Lustige. Karina Sarkissova sagt: „… bei Samba, Rumba, Mamba.“ Leider hat am ganzen Abend niemand eine Mamba, schwarz oder grün, getanzt.
Der Berührende. Riem Higazi sagt: „Dancing Stars hat mich befreit, es hat mir gezeigt, dass ich ok bin.“ Und ihr Tanzpartner Dimitar Stefanin ergänzt: „Sie hat ihren Körper zurückerobert.“
Den Gedanken nimmt man gerne mit.
Guido Tartarottis neues Kabarettprogramm "Selbstbetrug für Fortgeschrittene" läuft am 8. Juni im Casino Baden.