Schrittfolgen
Von Karl Hohenlohe
Sie ist auf Hitparaden spezialisiert, die sie anführt, wie das Leittier eine Herde.
Über Rihanna
Die berühmte Sängerin Rihanna war in Wien. Den jüngeren Lesern ist sie ein Begriff, den älteren soll sie als Zarah Leander des 21. Jahrhunderts gelten. Frau Rihanna ist auf Hitparaden spezialisiert, die sie anführt, wie das Leittier eine Herde.
Vorne ist ihre Stimme zu hören, gleich danach ein tuschendes Schlagwerk, das an die ersten Atemzüge einer rachitischen Dampflok erinnert, wenn sie schweren Herzens den Perron verlässt. Ganz hinten, irgendwo im Radio, den blinkenden CD-Partikeln, den Stehplätzen der Konzertsäle, verliert sich eine kleine Melodie, verflüchtigt sich im Raum und stirbt.
Rihanna ist für zwei Dinge bekannt: Für den Gesang und für das Bewegungstalent, das sich wiederum in vier unterschiedlichste Sparten einteilen lässt: Griff zum Mikrofon, Griff zum Busen, Griff zum Hinterteil und Griff in den Schritt.
Die ersten zwei Drittel des Rihanna-Konzertes in Wien sind den verschiedensten Grifftechniken gewidmet. Einmal da, einmal dort, schnell, langsam. Irgendwann fragt man sich, warum.
Das hat man sich schon bei Michael Jackson gefragt, dem Erfinder der Schrittgrifftechnik. Ist es die Lüsternheit, die den Sänger während seines Vortrags überkommt und wenn ja, wieso haben sich Corelli, Slezak oder Kaufmann nie in den Schritt gegriffen? Oder ist es, wie bei Kindern, ein durchaus ernst zu nehmender Hinweis darauf, dass man so schnell wie möglich eine Toilette aufsuchen oder einen Topf zur Verfügung stellen sollte?
Ich weiß es nicht, je mehr Jahre ins Land ziehen, umso eher glaube ich, dass ich es gar nicht wissen will.