Meinung/Kolumnen/GesMBH

Scheinwelt

Man muss sich ja nur vorstellen, was geschähe, würden die Kollegen von der Television und wir von den Zeitungen diese Eitelkeit nicht mehr befriedigen.

Karl Hohenlohe
über Spenden und Prominente

Post aus 1190, Wien. Frau Prof. Leonore D. schreibt: „Hören Sie endlich auf, über die spendierfreudigen Prominenten zu berichten. So viel Eitelkeit, da dreht sich einem doch wirklich der Magen um.“ Mir nicht. Man muss sich ja nur vorstellen, was geschähe, würden die Kollegen von der Television und wir von den Zeitungen diese Eitelkeit nicht mehr befriedigen. Die einschlägige Klientel wäre um einen Auftritt in der Öffentlichkeit betrogen und die Scheine blieben ungezückt. So aber kommt es in den Marchfelderhöfen, Hotels und Szenelokalitäten im ganzen Land ein Mal im Jahr zu einer finanziellen Fotosynthese. Das Licht der Kameras speist die Spendenbereitschaft, man gibt, man wird dabei beobachtet, es ist also eine Win-Win-Situation für die Armen und die Reichen. Je größer das Kameralicht, je schärfer die Objektive, desto größer der Zwang, größere Barmittel zur Verfügung zu stellen. Kein Prominenter wird es wagen, einen matten Euro in die durchsichtigen Spendenboxen zu bugsieren. Wir Zuseher wollen es rauschen hören und nicht klimpern und die Rauschunterdrückung wäre ohne Zutun der Gesellschaftsberichterstatterinnen und Gesellschaftsberichterstatter wesentlich stärker. Die Befriedung der Eitelkeit kostet uns nichts, möglicherweise ein klein wenig Geduld. Wenn wir das nächste Mal also wieder einen Star beim Stiften beobachten, lassen wir ihn und seine Herolde gewähren. Üben wir uns in Geduld und betrachten wir dies als eigene, kleine Spende.