Vea – Allein in New York
Von Vea Kaiser
Der Coffee-Shop verkauft Dog-sicles – Eis am Stiel für Hunde
über New York
Zurzeit bin ich Vea – Allein in New York. Davon träumte ich, seit ich ein Kind war, und mir von den pädagogisch wertvollen Filmen Kevin – Allein zuhaus und Kevin – Allein in New York beibringen ließ, wie man sich in Situationen ohne elterliche Fürsorge gegen Bösewichte rüstet. Zwanzig Jahre später muss ich feststellen, dass Kevin lehrt, wie man Vogelspinnen zur Selbstverteidigung einsetzen kann, allerdings nicht, wie man New York genießen soll, wenn man Sehnsucht hat! Mein Dottore Amore reiste nach Argentinien, um sich urologisch weiterzubilden – erst in sechs Wochen sehen wir uns wieder. Ich versuche mir einzureden, es sei besser so. New York leidet immerhin unter einer akuten Männer-Knappheit. Meine Nachbarschaft besteht zu 78% aus Weibchen, und mindestens die Hälfte der Männchen interessiert sich für andere Männchen. Es gibt hier mehr Yoga-Schulen, Nagelstudios und Salat-Bars als alle anderen Geschäfte zusammen. Zudem allerhand Hunde-Tagesbetreuungs-Center oder Tier-Friseure, und der Coffee-Shop verkauft Dog-sicles – Eis am Stiel für Hunde. Das Flirtverhalten jener Zweibeiner, die noch keinen Vierbeiner haben, ist hingegen überaus aggressiv. Dass der Dottore meiner ist, war den Nachbarinnen ziemlich egal. In Argentinien besteht die nationale Freizeitbeschäftigung zwar aus Tangotanzen, und dies auf eine Art, die man bei uns für eine Fortpflanzungsmethode halten würde, aber für sowas hat mein Dottore keine Zeit, weil er Abwasserleitungen und Spatzis begutachten muss. Zur Bekämpfung meiner Sehnsucht lauge ich mich mit Sport aus. Vorgestern joggte ich an einem Kinderwagen vorbei, aus dem plötzlich ein böser böser Wadlzwicker schoss, der mich so verbellte, dass ich vor Schreck in die Botanik stürzte. Könnte die Schramme an meiner Hüfte sprechen, sie würde sagen: Noah wusste, warum er von allen Tieren zwei mitgenommen hat.
vea.kaiser@kurier.at