Meinung/Kolumnen/Chaosdeluxe

Austen, we have a Problem

Ein weißer Holzpavillon, dessen Verandasäulen von Efeu umarmt wurden. Halb zog der akute Sommerschwarm mich, halb sank ich zart errötend hin, während vorne am Wasser die Graureiher eine Ballade anstimmten. Plötzlich wurde dieses Szenario gestürmt – von einem meiner verhaltensoriginellsten Freunde, dessen Hobby Hitler-in-neuen-Berufen-Parodien waren. Als Sprengsatz für die zarte Romantik hatte er "Der Führer als Schlafwagenschaffner" gewählt. Er trug eine graue Mütze, ein Schuhpasta-Bärtchen und kläffte "Wollt ihr die totale Fahrkartenkontrolle? Treudeutsche Stullen, völkisch einwandfreie Moselweine? Flugs, ab 20 Uhr 20 werden nämlich alle Wünsche ignoriert!" Der Sommerschwarm lüpfte daraufhin sein wahres Charakterkostüm und sprengte wie ein Reh auf der Autobahn von dannen. Der Verrückte hatte die Nummer so überzeugend angelegt, dass ich vom eigenen Kichern erwachte. "Herzlichen Dank", kläffte ich mein Unbewusstes an, "dass du mir nicht einmal einen astreinen Jane-Austen-Traum gönnst und jede auch nur leise aufflackernde Romantik mit einem Die-Marx-Brothers-haben-schlechtes-Ecstasy-genommen-Gag zerstören musst!" Mein Unbewusstes ging sofort in die Offensive: "Hearst, Lustige! Wer von uns beiden liefert für jede noch so halbwarme Pointe das eigene Fleisch und Blut ans Messer? Und denk außerdem an deine Ikone!" – "Dorothy Parker?" – "Nein. Nora Ephron. Was sagte ihr Sohn an ihrem Grab?" Ich seufzte: " Mum embraced laughter like a drug." – Beim bloßen Gedanken an den Satz gingen bei mir Tränlein auf Reisen. "Ok, du Gefühlsbremse," schluchzte ich, "dann werde ich halt den Rest der Nacht mit meinem Schmäh schmusen." Da lächelte mein Unbewusstes mehr als zufrieden.

Tipp

"Alles Gute, Herr Schnitzler!" - 23. August um 18 Uhr: ein Abend zum 150. Jubiläum im Vöslauer Bad: Polly Adler begrüsst Enkel Michael Schnitzler; Burg-Star Roland Koch liest. Infos unter www.pollyadler.at und Eintritt frei.

polly.adler(at)kurier.at

www.pollyadler.at

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