Pariser Treffpunkt der Trauernden
Der Name auf der Markise verrät, dass man sich nicht an irgendeinem x-beliebigen Ort befindet: Bataclan Café.
aus Paris
Es ist auf den ersten Blick eine Baustelle wie viele andere. Mit einem Gerüst, das die gesamte Fassade einhüllt, Arbeiter sind mit Malerarbeiten beschäftigt. Es wird eben neu verputzt. Und doch ist alles anders. Der Name auf der Markise verrät, dass man sich nicht an irgendeinem x-beliebigen Ort befindet: Bataclan Café. Jener Ort, an dem am 13. November 2015 bei dem Terror-Anschlag 89 Menschen ermordet wurden.
Die runden Heizstrahler unter der Markise sind noch sichtbar, den Rest verdeckt eine Wand. Dahinter saßen die Menschen im November und wurden Opfer des Terrors.
Boulevard Voltaire. Zweispurig fließt der Verkehr in beide Richtungen, das beste Zeichen dafür, dass der Alltag gelebt wird. 100 Meter neben dem Bataclan genießen die Franzosen im Bistro Le Baromètre ihren Café au Lait. Kellner Jean blickt hinüber auf das Gerüst und sagt lapidar: "Ja, die Fassade wird gemacht, aber auch die Innenräume werden komplett renoviert." Sein Schulterzucken spricht Bände. Die Zeit der Trauer ist in der unmittelbaren Umgebung vorüber, die Menschen gehen am Theater vorüber wie an jedem Gebäude entlang des Boulevards. Man versucht – so gut es geht – der Normalität freien Lauf zu lassen.
Totale Stille
Nicht so, wenn man weitergeht bis zur Place de la République. Während der Verkehr rundherum sich im Kreis staut, herrscht auf dem Platz eine Stille, als befände man sich im Auge eines Hurrikans. In der Mitte thront ein Monument aus dem Jahre 1883, eine Statue, die die Französische Republik als allegorische Frauengestalt mit einem Olivenzweig in ihrer Rechten darstellt. Zu ihren Füßen liegen Bilder von Verstorbenen, Briefe von Angehörigen. Grabkerzen brennen den ganzen Tag. Schon am 11. Jänner 2015 fand auf dem Platz eine große Solidaritätskundgebung für die 17 Opfer des Anschlags auf die Redaktionsräume der Zeitschrift Charlie Hebdo und der darauffolgenden Geiselnahme statt.
Dazugekommen sind die Trauer-Bekundungen nach dem Anschlag auf das Bataclan, einen beliebten Treffpunkt der Jugend und der Kunstszene, einen Konzertsaal mit außergewöhnlichem Interieur. Bis zu jener Nacht des 13. November 2015.
Nicht nur Touristen bleiben vor dem Monument stehen, um das Stück traurige Zeitgeschichte in Bilder zu fassen, auch viele Pariser halten für einen Moment inne, um sich nach einer Trauerminute wieder ihren Alltagsproblemen zu widmen. Es wird geschwiegen statt gesprochen. Auf einer Löwen-Statue weht die französische Flagge – wie aus Trotz. Als möchte die Grande Nation zeigen, dass sie nach wie vor groß ist und sich nicht unterkriegen lässt.
Vor den zwei EM-Partien Österreichs in Paris sah man auch viele rot-weiß-rote Fans vor der Gedenkstätte still stehen. Bei all ihrer Vorfreude auf die Gruppenspiele gegen Portugal und Island war ihnen die Betroffenheit anzusehen. Für einen Moment stand der Fußball im Abseits.