Meinung

Hälfte aller Corona-Todesopfer in Österreich in nur 22 Tagen

Wie geht es Ihnen mit der "ultima Maßnahme" (© Sebastian Kurz) Lockdown? 

Haben Sie sich schon damit arrangiert? Verspüren Sie vielleicht sogar ein Gefühl von Beruhigung? Jetzt, da Sie nicht mehr den täglich neuen Zahlen entgegenfiebern müssen. Die werden schon wieder nach unten gehen, wenn sich jetzt keiner mehr trifft. Sogar die Schulen sind ja geschlossen, und alle Restaurants, Theater sowieso. Gott sei Dank. 

Wie Sie zu diesem Thema stehen, hängt wohl auch davon ab, wie alt Sie sind, ob Sie Kinder haben – oder, Gott bewahre – zum Beispiel in der Gastronomie arbeiten, oder? Was genau die Österreicher von den Lockdown-Maßnahmen halten, hat das Linzer Market-Institut erhoben – das Ergebnis dürfte Sie überraschen, sie finden es am Ende des Artikels.

An Tag drei unseres "Lockdown Daily"-Formats wollen wir uns zunächst aber die aktuellen Zahlen genauer ansehen.

Von einer Trendwende, die man zu Beginn dieser Woche angesichts leicht sinkender Zahlen im Vergleich zur Vorwoche herbeisehnte, sind wir nach den abermals mehr als 7.000 Fällen am Mittwoch noch weit entfernt. 

Gelingt es uns also wenigstens, die Todesfälle im Rahmen zu halten? Auf den ersten Blick ja. Bei gleichzeitigen Höchstwerten bei den Neuinfektionen haben wir im weltweiten Vergleich hierzulande noch immer eine der geringsten Todesraten. 

Belgien weltweit mit den meisten Todesfällen

23 Corona-Todesfälle pro 100.000 Einwohner zählen die Statistiker von der Johns Hopkins University in Österreich. Deutschland liegt hier bei 16, die Schweiz zählt 43, die USA 76, Spitzenreiter ist mit Abstand Belgien mit 129 Todesfällen vor Spanien mit 89.

Das Problem dabei: Diese Zahlen sind auf die gesamte Dauer der Pandemie gerechnet. Sieht man sich die Daten der letzten drei Wochen an, sieht die Lage für Österreich deutlich dramatischer aus. 

Die Hälfte aller Corona-Toten Österreichs fällt in diesen Zeitraum. Oder anders gesagt: Zwischen dem ersten Todesfall am 12. März und dem tausendsten am 27.Oktober vergingen 229 Tage. Die nächsten tausend Todesopfer galt es zehn Mal schneller zu beklagen - in nur 22 Tagen.

Alle Inhalte anzeigen

Übersterblichkeit seit Mitte Oktober

Das merkt man auch an der Übersterblichkeit in Österreich. Seit Mitte Oktober steigen hier die Zahlen laut Statistik Austria deutlich. In der Woche ab dem 19. Oktober waren es 1.762 Personen, die verstarben, in der Woche danach 1.872 - um ein Viertel mehr als im Durchschnitt der letzten fünf Jahre.

Die Statistik Austria veröffentlich allerdings keine Todesursachen – dass diese Übersterblichkeit an den Corona-Toten liegt, ist also noch nicht offiziell bestätigt. Naheliegend ist es, sterben im Schnitt in "normalen" Wochen in Österreich doch zwischen 200 und nicht ganz 300 Menschen am Tag, wie Statistiker Erich Neuwirth am Donnerstag erklärte. Alleine durch Corona sind gestern nun 109 Todesfälle hinzugekommen – ein trauriger Höhepunkt.

Womit wir wieder bei der eingangs gestellten Frage wären: Wie geht es Ihnen mit der "ultima Maßnahme" Lockdown?

Laut dem Linzer Market Institut sind rund 37 Prozent noch immer gegen harte Maßnahmen.

Die größte Zustimmung erfährt der Lockdown in den Familien. 74 Prozent der Haushalte mit vier Personen oder mehr sind Lockdown-Befürworter. 

Zwei Drittel für harte Maßnahmen

Generell liegt die Zustimmung zu einem Lockdown aktuell bei rund 63 Prozent - und zwar quer über alle Altersgruppen hinweg, sagt Market-Institutsvorstand David Pfarrhofer, der die jüngsten Ergebnisse der Umfrage (repräsentative Online-Befragung, Sample 1000) für den KURIER aufgedröselt hat.

Außerdem interessant: Bei Nicht-Berufstätigen ist die Zustimmung zu Lockdown-Maßnahmen größer (insgesamt 69 Prozent) als bei Berufstätigen (59 Prozent). 

Die beiden Gruppen, die am härtesten von den aktuellen Maßnahmen betroffen sind, sind genau jene Gruppen, die am deutlichsten für einen Lockdown plädieren: Familien, die jetzt Home-Schooling und Home Office unter einen Hut bringen müssen - und Arbeitslose, die sich jetzt gemeinsam mit 613.601 anderen Personen, die aktuell keine Arbeit haben oder in Kurzarbeit sind, um eine neue Stelle umschauen sollen.

Vielleicht ist diese Verteilung ja durch die letzte Zahl, die ich Ihnen hier mitgeben möchte, erklärbar: Von all jenen, die glauben Covid-19 sei eine echte Gefahr und unmittelbare Bedrohung für sich und ihre Liebsten, sind 71 Prozent für Lockdown-Maßnahmen. Eltern haben da wohl ein besonders ausgeprägtes Sensorium.

Gut möglich, dass dieser Wert noch steigt, kennt inzwischen doch jeder zweite Österreicher jemanden mit einer Corona-Erkrankung. 

Davon, dass jeder Österreicher jemanden kennt, der an Corona gestorben ist - wie Bundeskanzler Sebastian Kurz das zu Beginn der Pandemie prophezeite - sind wir Gott sei Dank noch weit entfernt. 

Inputs oder Feedback? Schicken Sie mir gerne eine Mail an karl.oberascher@kurier.at

Alle Inhalte anzeigen