Ausgefuchst: England wird es ins Finale schaffen
England im WM-Semifinale. Das ist nicht nur was für Fußball-Romantiker. Das ist Stoff zum Träumen für ganz England. Die Stimmung hier ist phänomenal. Alles dreht sich nur um die Nationalmannschaft – ob und wie sie den Titel tatsächlich nach England holen kann.
Das Viertelfinale habe ich mir mit Fußballfreestyle-Weltmeister Andrew Henderson im Pub angeschaut. Das muss man schon mal erlebt haben, wie ein ganzes Land ausflippt. Auch das Semifinale werde ich mit Freunden verfolgen.
Apropos Freunde: „Vards“ und Harry sind unsere Jungs in Russland. Weil Jamie Vardy und Harry Maguire bei Leicester spielen, schauen wir besonders auf sie. Natürlich gibt es einen Gruppenchat, natürlich wünschen wir ihnen viel Glück vor jedem Spiel.
Harry Maguire ist ein Versprechen für die Zukunft. Er ist letzten Sommer zu Leicester gekommen und hat gleich auf einem konstant hohen Level gespielt. Es ist für mich daher keine Überraschung, ihn bei der WM so dominant im Abwehrverbund mit den beiden ManCity-Spielern Stones und Walker zu sehen. Mit Harry Kane hat England den meiner Meinung nach besten aktuellen Stürmer. Er ist das Um und Auf im englischen Angriff und ist sich auch nicht zu schade, nach hinten zu arbeiten. „Vards“ ist sich dessen natürlich bewusst. Wegen seiner Schnelligkeit und seinem Torriecher ist er jederzeit für ein Tor gut. Teamchef Gareth Southgate kann sich glücklich schätzen, auf so einen Spieler zurückgreifen zu können.
Jüngstes Team
England ist auf dem Papier Favorit und kann aufgrund dieser Ausgangslage nur verlieren. Man darf aber nicht vergessen, dass England die zweitjüngste Mannschaft (26,1 Jahre im Schnitt) bei der WM stellt. Da muss man Fehler oder Formschwankungen eingestehen. Die Niederlage gegen Belgien hat England in die Karten gespielt und ein bisschen Druck genommen. Zudem haben sie sich wieder gut gefangen.
Und dann kassierten sie gegen Kolumbien den späten Ausgleich, fingen sich aber wieder in der Verlängerung und gewannen das erste Elferschießen nach 22 Jahren. So einen Anti-Lauf hat man unterbewusst im Kopf. Die Spieler haben das aber super weggesteckt. Mit Jordan Pickford haben die Engländer endlich auch einen tollen Rückhalt, der sich von Spiel zu Spiel gesteigert hat. Ich war verwundert, ihn im ersten Spiel starten zu sehen. Hut ab vor Gareth Southgate, der diese mutige Entscheidung getroffen hat.
Southgate hat jetzt einen sehr hohen Stellenwert in England. Seine Taktik funktioniert, auch das Trainerteam. Man kann erkennen, dass die Mannschaft perfekt vorbereitet und auf den Gegner eingestellt ist. Jeder weiß, was er zu tun hat und wann gepresst wird. Man probiert, von hinten mutig rauszuspielen und traut sich zu, Pässe durch die gegnerischen Reihen zu spielen. Mir gefällt, was die Engländer machen. Ich bin überzeugt, dass es England ins Finale schaffen wird. Immerhin musste Kroatien zwei Mal 120 Minuten spielen – und ins Elfmeterschießen. So etwas kostet Kraft und Nerven. Kroatien ist mit ihrem defensiven Auftreten aber eine harte Nuss. Und Stars wie Modric, Rakitic oder Mandzukic darf man keine Sekunde außer Acht lassen.
Christian Fuchs (32) war Teamkapitän und hat im Sommer 2016 nach 78 Spielen seine Teamkarriere beendet.