Auf dem Laufenden: Schreib nie die Deutschen ab!
Die Vorbereitungsspiele der Deutschen auf die WM waren alles andere als überzeugend. Wir Österreicher können ein schönes Lied davon singen, ist uns doch dank einer guten Leistung endlich wieder einmal ein Sieg gelungen. Nach meinen sechseinhalb Jahren bei Werder Bremen kenne ich die Deutschen aber ein wenig und weiß, dass sie auf den Punkt wieder da sein werden. Niemals darf man die Deutschen abschreiben, das wäre ein großer Fehler.
Eines habe ich immer wieder in Deutschland miterlebt: Sie sind stets top vorbereitet und werden auch beim ersten Auftritt gegen Mexiko voll da sein. Sie punkten wie immer mit Disziplin, Ehrgeiz und Fitness. Eigenschaften, die in der deutschen Fußball-DNA das A und O darstellen. Dazu kommt, dass die Spieler über eine extrem hohe Qualität verfügen. Man darf ja bei all der Diskussion nicht vergessen, dass wir hier vom regierenden Weltmeister sprechen.
Keine Sorge um Neuer
Und irgendwie gehört es doch schon zum guten Ton, dass die Mannschaft im Vorfeld eines Turniers nicht so überzeugend gespielt hat und dafür heftig kritisiert worden ist – um danach bei einer EM oder WM wieder zu glänzen. Auch diesmal ist mit ihnen zu rechnen, auch wenn manche Stützen wie Boateng, Hummels oder Neuer körperliche Probleme hatten.
Den langen Ausfall von Tormann Neuer sehe ich nicht unbedingt als Nachteil. Er verfügt über viel Erfahrung und Qualität, er hat nun lange pausiert, ist umgekehrt eben frisch und hungrig. Für ihn gilt ähnliches wie für Boateng: Solche Top-Spieler kommen von Verletzungen zurück und sind sofort wieder auf einem Top-Niveau. Genau aus diesem Grund bewegen sie sich seit vielen Jahren in der Weltklasse.
Dabei ist meiner Meinung nach die Entscheidung zwischen Neuer und Ter Stegen eine Geschmackssache, denn auch Ter Stegen, der beim FC Barcelona eine starke Saison gespielt hat, bringt alles mit, was bei einer WM vonnöten ist. Ich gehe auf jeden Fall davon aus, dass die Deutschen zumindest einmal ins Viertelfinale kommen. Und dann entscheiden meist nur Kleinigkeiten in den Spielen, wie man auch in der Champions League immer wieder beobachten kann.
Obwohl ich einige Jahre bei Werder war, habe ich erstaunlicherweise nie mit aktuellen Teamspielern den Doppelpass gepflegt. Als ich nach Bremen kam, war der frühere Teamspieler Torsten Frings bereits Werder-Co-Trainer. Zusammengespielt habe ich auch mit Marko Marin und Goalie Tim Wiese, die zu diesem Zeitpunkt aber nicht mehr im Nationalteam waren. Nils Petersen, früher bei Werder, hatte jetzt Hoffnung nach Russland mitzufahren, wurde aber doch noch aussortiert. Zuletzt stand mit Max Kruse noch ein ehemaliger Teamspieler in der Werder-Mannschaft.
Logisch also, dass ich zu den Deutschen ein gewisses Naheverhältnis habe. Ich kann zwar nicht mit Sicherheit sagen, dass sie den Titel verteidigen werden, aber sie werden definitiv wieder ein gewichtiges Wörtchen mitreden.
Typisch deutsch eben.
Zlatko Junuzovic, 30, hat 55 Länderspiele für Österreich bestritten und ist kürzlich von Werder Bremen zu Meister Red Bull Salzburg gewechselt.