Der große Wert der kleinen Stadt
Von Julia Schrenk
Wenn’s ganz blöd hergeht, wollen sie einem zum Schweinsbraten auch noch Semmelknödel auftischen.
über Stadt- und Landleben
703.000 Einträge. So viele Tipps bekommt man, wenn man "Frisör Wien" in die Google-Suchmaschine eingibt. Das ist – sagen wir einmal – kurzfristig fast ein bissl überfordernd. Und da hilft es auch nix, wenn man seine Suche mit "guter Frisör Wien" vertieft, weil da kommen dann noch immer 347.000 Ergebnisse. Und viele von denen sind nicht unbedingt budgetfreundlich. Also gibt man "guter und billiger Frisör Wien" ein und dann kommen noch immer 39.000 Frisiersalons in Frage. 38.999 zu viel.
So wie mit den Frisören ist es auch mit guten Lokalen in Wien. Für Sonntagmittag ein gutes Lokal finden, wo das Essen ungefähr so schmeckt wie bei der Mama, das ist so gut wie unmöglich. (Korrektur: Es ist unmöglich, weil bei der Mama ist es am besten. Danke, Mama. Bussi!)
Also geht man wieder zu Google und sucht "gute Lokale Wien". Und wieder: 380.000 Ergebnisse. Aber finden Sie einmal ein Restaurant, das nett ausschaut, halbwegs in der Nähe und am Sonntag geöffnet ist. Weil Wien ist ja bekanntlich anders. Da haben nicht wenige Restaurants am Sonntag einfach zu. (Warum auch nicht, wenn die meisten anderen frei haben?)
Und wenn’s ganz blöd hergeht, wollen sie einem zum Schweinsbraten auch noch Semmelknödel auftischen. Nicht im Ernst? – denkt man dann. Aber: Voller Ernst, kein Spaß. (Natürlich sind Erdäpfelknödel das einzig Wahre. Das muss sich doch längst herumgesprochen haben!) Genauso ist es mit Autowerkstätten und genauso ist es mit Ärzten.
Also macht man als Landei in der Großstadt das, was getan werden muss. Und für die wirklich wichtigen Dinge fährt man nach Hause. Wo man weiß, welche die supere Frisörin ist (meine!) und welche die nicht so gute ist. Wo man weiß, wo man am Sonntag einen guten Schweinsbraten essen kann und sicher keine Semmelknödel vorgesetzt bekommt. Wo man weiß, in welche Werkstatt man fahren kann, wenn das Auto komische Geräusche macht. Wo man weiß, es gibt eh auch alles, nur ein bissl weniger davon.