Meinung

Anforderungsprofil für die Politik

Donald Trump ist der haarsträubende Gegenentwurf zur politisch überkorrekten amerikanischen Elite.

Dr. Martina Salomon
über den data-pg-spunq--idealen Politiker

Wie schaut der ideale Politiker aus? So wie Frank-Walter Steinmeier wahrscheinlich, der am Sonntag zum neuen deutschen Bundespräsidenten gewählt wurde: intelligent, integer, stark. Aber das Amt entrückt seinen Inhaber normalerweise von den politischen Niederungen und lässt sich nicht mit der "normalen" Politik vergleichen. Da herrschen andere, härtere Gesetze. Die Bürger erwarten Entertainment, gepaart mit Authentizität. Wer heute in die Höhe gejubelt wird, kann morgen schon wieder zum Verlierer gestempelt werden: "total loser", um den verhaltensoriginellen US-Präsidenten zu zitieren (dessen Sprache derzeit in einem Guerilla-artig entstandenen, beispiellos witzigen "First of second"-Contest weltweit karikiert wird).

Donald Trump ist der haarsträubende Gegenentwurf zur politisch überkorrekten amerikanischen Elite. Und er ist auch ungefähr das Gegenteil von Angela Merkel, die trotz ihrer Sprödheit nun schon über ein Jahrzehnt an der Spitze Deutschlands – ach was, der ganzen EU steht. Doch ihre einstige "Wir schaffen das"-Rhetorik, die gerade mit quietschenden Reifen ins Gegenteil verkehrt (und damit weit restriktiver als in Österreich ausfallen wird), könnte sie die nächste Wahl kosten. So rasch kann es gehen, wenn ein Neuer – Martin Schulz für die SPD – in den Ring steigt.

Wunderwuzzi gesucht

Vielleicht werden wir uns im Herbst fragen, warum die mächtigste Frau der Welt den Zeitpunkt zu gehen versäumt hat. Genau diese Frage wird übrigens gerade dem bis vor Kurzem noch allmächtig wirkenden Wiener Bürgermeister von seinen SPÖ-Bezirksgrößen gestellt. Nach dem Abgang zweier altgedienter Landespolitiker – Pröll in Nieder-, Pühringer in Oberösterreich – tritt eine neue, allerdings scheinbar noch recht blasse Politikergeneration in die erste Reihe. Und Michael Häupl? Er hat "seinen" Hof für die Übergabe offensichtlich noch nicht ernsthaft geordnet und den Wunderwuzzi nicht gefunden, der den tiefen Graben zwischen Links und Rechts überbrücken kann.

Eine (fiktive) Job-Beschreibung für den Polit-Job (egal wo) wäre: Haben Sie eine Mission, sind aber dennoch kompromiss- und leidensfähig? Mögen Sie Menschen? Sind Sie krisenresistent, besitzen Sie kommunikatives Talent? Und haben Sie auch einen Plan B, falls Sie in der Politik ungeachtet Ihrer Talente grandios scheitern?

Trotz Dementi nicht ausgeschlossen: Auch in der Bundesregierung könnte es bald wieder neue Gesichter geben. Die Politik ist manchmal ein recht kurzlebiges Geschäft. Und undankbar sowieso. Einziger Trost für die jetzt Regierenden: Im Rückblick sieht man sie in einem deutlich rosigeren Licht – nur bei Donald Trump ist das eher unwahrscheinlich.

"Lasst uns mutig sein", sagte Steinmeier nach seiner Wahl. Das könne man auch sein, denn kaum irgendwo in der Welt gebe es mehr Chancen als bei uns. Wahrscheinlich brauchen wir mehr Politiker, die uns daran erinnern.