Vom Sportjournalisten in Syrien zum Wiener Bim-Fahrer
Von Naz Kücüktekin
Wenn er Verwandten und Freunden in seiner alten Heimat von seiner Arbeit erzählt, glauben die meisten, dass er Busfahrer ist. „Denn U-Bahnen oder Straßenbahnen gibt es bei uns nicht“, sagt Bilal Albeirouti. Dass er nun täglich Tausende Wiener und Wienerinnen mit der Bim durch die Stadt führt, das sei für ihn gerade deshalb etwas Besonderes.
In Damaskus hatte er noch ein völlig anderes Leben. Eines, das gut war. Eines, in dem er als Sportjournalist in der syrischen Hauptstadt arbeitete, mit seiner Familie ein halbwegs unbeschwertes Leben führte. Doch dann wurde ein blutiger Krieg zum Alltag. Albeirouti wurde durch seinen Job als Journalist zur Zielscheibe. „Obwohl ich nicht über Politik oder ähnliches schrieb. Aber das war egal.“
Die Berufsbezeichnung reichte dafür, dass er für mehrere Monate ins Gefängnis eingesperrt wurde und danach, im Jahr 2014, zunächst nach Libanon flüchten musste. In Beirut arbeitete er als Verkäufer. Aber irgendwann wurde es für ihn auch dort zu gefährlich. Also hieß es weiter flüchten. Er nahm die „klassische“ Route, von der Türkei mit dem Boot über einen Schlepper nach Griechenland. Von dort aus weiter nach Nordmazedonien, Serbien, Kroatien und Ungarn, um Ende 2015 schließlich in Österreich anzukommen.
Zahlreiche Menschen schlugen diesen Weg ein. Am Höhepunkt sprach man in diesem Zusammenhang gar nicht mehr von Menschen, sondern nur mehr von der „Flüchtlingswelle“ bzw. der „Flüchtlingskrise“
Wenn Albeirouti heute von der Flucht erzählt, lacht er teilweise darüber. „Ich dachte, auf dem Boot werden so zehn Menschen sein. Für so viele Menschen war es auch gedacht. 48 waren wir am Ende“, erinnert er sich.
Neues Land, neuer Job
In Wien mussten Albeirouti und seine Familie - seine Frau und Kinder kamen später nach - komplett neu anfangen. Er versuchte es zu Beginn auch in Österreich als Journalist, etwa beim Stadtmagazin biber. „Aber das ist sehr schwierig, wenn man nicht perfekte Deutschkenntnisse hat“, sagt der 40-Jährige, der heute mit wienerischem Einschlag spricht. Also musste ein anderer Job her, einer, mit dem er auch seine Familie ernähren kann. Zunächst war der dreifache Vater als Securitymitarbeiter tätig.
„Irgendwann dachte ich mir: Wieso nicht Wiener Linien?“, so Albeirouti. Beim ersten Versuch scheiterte er. Beim zweiten Versuch 2020 erfüllte sich schließlich sein Traum. „Ich habe für die ganzen Prüfungen in der Ausbildung dann auch wirklich viel gelernt“, sagt der erste Geflüchtete aus Syrien, der eine Wiener Straßenbahn fährt.