Fall Leonie: NGOs warnen vor Rassismus und wollen Femizide bekämpfen
Der grausame Mord an der 13-Jährigen Leonie erschütterte ganz Österreich. Dass die mutmaßlichen Täter Afghanen sein sollen, löste auch eine heftige Debatte um Asyl und Flucht aus.
Hätte man den Mord verhindern können, wenn man die derzeit Verdächtigten rechtzeitig abgeschoben hätte? Haben Afghanen ein problematisches Frauenbild und glauben, dass sie hier tun können, was sie wollen? Sollte man straffällige Asylbewerber nicht so schnell wie möglich abschieben dürfen? Diese und ähnliche Fragen dominierten den öffentlichen Diskurs in den letzten Tagen.
Bessere Zusammenarbeit von Behörden
Die Organisationen asylkoordination österreich, AÖF (Verein Autonome Österreichische Frauenhäuser) und ZARA (Zivilcourage & Anti-Rassismusarbeit) verorten darin „ein rassistisches Ablenkungsmanöver“. In einer gemeinsamen Erklärung fordern sie „endlich effektive Maßnahmen gegen die steigende Anzahl der Femizide“ und vor allem mehr Mittel und Arbeit im Bereich des Opferschutzes und Gewaltprävention. "Eine sehr junge Frau wurde vergangene Woche unter noch nicht restlos aufgeklärten Umständen ums Leben gebracht. Es war dies höchstwahrscheinlich der 15. Femizid in Österreich im heurigen Jahr. Unsere Gedanken sind bei der Familie. Gewaltschutzorganisationen fordern seit längerem eine bessere Zusammenarbeit von Behörden, besseren Opferschutz, mehr Präventionsarbeit und eine deutlich bessere finanzielle Ausstattung“, heißt es in der Erklärung.
Die Organisationen betonen, dass der Mord eines Menschen bzw. einer Frau keine Frage der Herkunft, der Religion oder des Aufenthaltsstatus, sondern der individuellen Geschichte und persönlichen Verantwortung der Täter sei. „Hier wird die Tötung einer jungen Frau politisch instrumentalisiert und zusätzlich ein schwer rassistischer Angriff auf eine Bevölkerungsgruppe gestartet, die sich dagegen nicht zur Wehr setzen kann – das ist pietätlos und verwerflich,“ finden die Organisationen.
Darüber hinaus plädieren die NGOs dafür, dass eine Abschiebung keine Strafe sein könne: „Es wäre verfassungswidrig, Menschen auf Grund einer Verurteilung im laufenden Verfahren nach Afghanistan abzuschieben – ein Land in dem Tod oder Folter drohen. Täter*innen müssen in einem ordentlichen Gerichtsverfahren verurteilt werden und ihre Strafe in Österreich absitzen.“
"Schockiert über diese Haltung" zeigte sich Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP). Es gebe Wahrheiten, die ausgesprochen werden müssten. "Hier von einem ‚rassistischen Ablenkungsmanöver‘ zu sprechen, ist eine Verhöhnung der Opfer und ein Schlag ins Gesicht der Hinterbliebenen. Das lehne ich zutiefst ab", so der Kanzler.