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Igor Miloš: "Balletttänzer - Mischung aus Leistungssportlern und Künstlern"

Sein aufrechter Gang und die tadellose Körperhaltung lassen einen neidisch werden. Im digitalen, von krummen Rücken geprägten Zeitalter stechen Menschen wie Igor Miloš aus der Masse hervor. Umso mehr, wenn man weiß, was der gebürtige Serbe beruflich macht. 

Igor Miloš ist ein Balletttänzer und seit mittlerweile 20 Jahren Mitglied des Wiener Staatsballetts. Im Gespräch mit dem KURIER erzählt er über die Herausforderungen seines Berufs, die Klischees und einen berühmten Verwandten.

Wie lautet die Standardreaktion darauf, wenn Sie jemandem erzählen, was Sie beruflich machen?

Igor Miloš: Wenn die Österreicher erfahren, dass ich Balletttänzer bin, dazu noch in der Wiener Staatsoper, dann sind sie begeistert. Sie zeigen sofort ihr Interesse für meinen Beruf, wollen alles darüber erfahren. Lerne ich hingegen gerade jemanden aus Ex-Jugoslawien kennen, dann kommt in der Regel die Frage: "Ist das tatsächlich dein Beruf oder ein Hobby?" Die meisten können nicht glauben, dass man vom Ballett leben kann. 

Mit welchen Vorurteilen muss ein Balletttänzer am Balkan leben?

Abgesehen davon, dass niemand glaubt, Ballett könne ein "richtiger" Beruf sein - dass man automatisch homosexuell sein muss. 

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Wie sind Sie eigentlich zum Ballett gekommen?

Ich war als Kind schon sehr musikalisch, liebte es zu singen und zu tanzen. Meine Eltern haben mir dann die Ballettschule nahegelegt, die ich dann auch ab meinem achten Lebensjahr besuchte. Sie hatten bei mir das Gefühl, dass das in den Genen liegen könnte. 

Sie sind also nicht der erste Balletttänzer in der Familie?

Der Bruder von meinem Großvater, Aurel von Milloss, hatte eine große Ballettkarriere. In den 1960er und 1970er Jahren war er Ballettdirektor an der Wiener Staatsoper, wo er unter anderem Rudolf Nurejew für eine Neuinszenierung von Schwanensee für sich gewinnen konnte. 

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Hat sein Name Ihnen in der Karriere das Tor zur Wiener Staatsoper aufgestoßen?

Ich habe in meiner Zeit hier viele Direktoren erlebt, die meisten dürften niemals erfahren haben, dass wir verwandt sind. Es ist aber auch nicht so, dass ich herumgehe und damit angebe (lacht). 

Wie fordernd ist Ihr Beruf eigentlich? Wie sieht Ihr Arbeitstag aus? 

Sehr. Unser Arbeitstag beginnt zwar nicht früh, ist aber recht lang. Jeder Tag fängt um 10 Uhr mit einem verpflichtenden, eineinhalbstündigen Training an. Dann folgen diverse Proben an - denn wir haben nie nur ein Stück auf dem Repertoire, sondern mehrere parallel. Man lernt ständig neue Choreografien, probt neue Schritte. Wenn man dann abends heimgeht, ist der Job nicht erledigt, denn man macht sich Gedanken darüber, was man gut oder falsch gemacht hat, was man morgen verbessern könnte ...

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Das hört sich nach einem Leben an, in dem man auf Vieles verzichten muss ...

Nach so einem anstrengenden Tag ist einem nicht nach Party machen zumute. Denn morgen geht es ja weiter - oft auch an Wochenenden. Man muss sich damit abfinden, dass mit einer Ballettkarriere die Freizeit auf ein Minimum reduziert wird. 

Wie ist das mit dem Essen? Man erwähnt das Wort Diät gerne in einem Satz mit Ballett ...

Selbstverständlich muss man in diesem Beruf auf seine Ernährung achten, sonst erträgt man die körperlichen Anstrengungen nur schwer. Wir sind aber keine Maschinen, natürlich muss man sich ab und zu etwas gönnen. 

Bestimmte Vorgaben bekommt man aber nicht aufgedrängt?

Nein, das hängt von jedem Einzelnen ab. Es kann lediglich sein, dass man nach verletzungsbedingten Pausen Tipps bekommt, wie man auf sein Idealgewicht zurückkommt. Das ist der Unterschied zum Leistungssport. Profisportlern werden Diäten verschrieben, uns nicht.

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Wie weit ist Ballett vom Leistungssport entfernt?

Wir sind eine spezifische Mischung zwischen Leistungssportlern und Künstlern. Auch wir trainieren intensiv bis zu drei Stunden am Tag, müssen einen athletischen Körper haben, zugleich aber auf der Bühne sowohl als Sportler als auch Schauspieler agieren. Als Balletttänzer musst du physisch alles von sich geben, es zeitgleich aber leicht aussehen lassen und so deine Rolle spielen, als wäre es das einfachste auf der Welt. Du darfst dir die körperliche Anstrengung nicht anmerken lassen. 

Wie ist es um das Interesse am Ballett bestellt?

Wien hat ein großes Ballettpublikum. Hinzu kommen die Touristen. Nach Wien kommen Menschen eigens aus Japan für wenige Tage, um Ballett zu sehen. 

Auch junge Menschen?

Die Direktion setzt alles daran, um ein neues, junges Publikum in die Oper anzulocken. Daran wird intensiv gearbeitet. Nach Corona scheint das Interesse noch größer geworden zu sein. 

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Wie lange dauert die Karriere eines Balletttänzers?

Die Grenze hat sich im Laufe der Jahre doch stark nach hinten verschoben. Grob geschätzt hört man heutzutage zwischen 35 und 45 auf. Ich selbst werde demnächst 42, bin damit einer der Ältesten im Team und plane dennoch zwei weitere Jahre zu tanzen. 

Danach?

Ich sehe mich auch danach in der Wiener Staatsoper, vorzugsweise im Organisationswesen

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Igor Miloš wurde in Zrenjanin (Serbien) geboren. Seine Ausbildung erhielt er am Ballettgymnasium "Lujo Davičo" in Belgrad sowie an der Akademie des Tanzes an der Staatlichen Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Mannheim. Sein erstes Engagement führte ihn 1999 an das Nationaltheater Belgrad, 2001 tanzte er am Theater Koblenz, anschließend am Salzburger Landestheater. Seit 2002 ist er Mitglied des Wiener Staatsballetts.

Zu seinen bedeutendsten Rollen zählen Spanischer Tänzer in Rudolf Nurejews "Schwanensee", Andreas II. in Nurejews "Raymonda", Theseus in Jorma Elos "Ein Sommernachtstraum", Thomas in Frederick Ashtons "La Fille mal gardée", Der Herzog von Kurland in Elena Tschernischovas "Giselle", Mads Moen in Edward Clugs "Peer Gynt" und viele mehr. 

Igor Miloš ist in der Wiener Staatsoper am 27. und 30. Jänner in John Crankos "Onegin" in der Rolle des Fürst Gremin zu sehen.