Leben/Gesellschaft

Testbericht: So arbeiten Mystery Shopper

Er trägt ein sportliches Kurzarmhemd – und eine Handtasche. Leisen Schrittes betritt er das Sport-Geschäft im Auhof Center im Westen Wiens.

Zielsicher nähert er sich den Elektrorädern. Dabei interessiert ihn aufs Erste weniger, ob die ausgestellten Modelle mit Naben- oder Mittelmotor ausgerüstet sind. Mehr konzentriert er sich auf das Rundum: Wie wird die Ware präsentiert? Nehmen die Verkäufer von ihm Notiz?

Christian P. ist Mystery Shopper, einer von mehr als 500 Testern, die österreichweit für die Agentur des Purkersdorfer Anbieters Markus Weinhold arbeiten. Der wurde vom Inhaber der Sportartikel-Kette beauftragt, nach dem Rechten zu schauen.

Aufgabe mit Verantwortung

P. hat auch heute ein Urteil zu fällen, das für einen Menschen konkrete berufliche Folgen haben kann. Eine gewiss verantwortungsvolle Aufgabe. Wer weiß das besser als die KURIER-Reporter, die heute den Spieß umdrehen und am Ende den Mystery Shopper bewerten werden?

Sein Chef betont, dass er die Mitarbeiter gut ausbildet, dass sie sich ihrer Verantwortung bewusst sind und dass er ihnen für den fingierten Einkauf eines Elektro-Fahrrads "mehr als 15 und weniger als 100 Euro" bezahlt. Männliche und weibliche Tester halten sich in seiner Agentur die Waage. Auch sind alle Generationen sowie die sozialen Schichten A, B, C vertreten. "Das erfordert das weite Spektrum der Aufträge. Es macht einen Unterschied, ob wir in eine Auto-Werkstatt oder in einen Frisörsalon gerufen werden."

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Der Sportartikel-Verkäufer wird – im Vergleich zu einigen Mitbewerbern – relativ schnell auf den vermeintlichen Kunden aufmerksam. Er wird später zugeben, dass er ihn ebenso schnell enttarnt hat. Was die Effizienz der Testerei in Frage stellt. Kommt Mystery gar von mysteriös?

Nein. Öfters schon hat der Verkäufer einen modernen Wolf im Schafspelz bedient. Mystery Shopping ist im österreichischen Handel längst kein Fremdwort mehr. Kaum ein Anbieter, der seine Mitarbeiter nicht von geheimen Agenten kontrollieren lässt.

Markus Weinhold ist mit seiner Agentur bereits seit einem Vierteljahrhundert im Geschäft. Quasi ein alter Hase: "Ich habe mir mein Studium als Mystery Shopper finanziert." Er beteuert, dass es ihm nicht darum ginge, die Mitarbeiter seiner Auftraggeber zu vernadern: "Im Gegenteil. Wir halten den Firmen nur einen Spiegel vor. Damit sie sich verbessern können."

Auf dem Prüfstand

Christian P. hat unter anderem folgende Fragen zu beantworten: Wurden Sie innerhalb von 30 Sekunden von einem Verkäufer wahrgenommen? War der beratende Mitarbeiter sauber und gepflegt gekleidet? Wie freundlich war der Verkäufer?

Dass ihn sein Gegenüber duzt, schmeckt dem Tester nicht sonderlich. Er wird das – Respekt! – später in seinem Bericht unerwähnt lassen.

Christian P. führt selbst eine Firma. Seine Motivation, nebenberuflich über andere Menschen zu richten, erklärt er so: "Für mich ist das ein Zusatzeinkommen. Als Unternehmer lerne ich auch für meine eigene Firma." Fünf bis acht Mal im Monat rückt er top secret aus. Dazu kommen 200, 300 Mystery Calls (Anrufe) und Mystery Mails.

Am Ende schreibt er in seine Bewertung: "Der Verkäufer machte auf mich einen sehr kompetenten Eindruck."

Und was schreiben wir? Der Tester machte auf uns ebenfalls einen sehr kompetenten Eindruck. Auch wenn sein Testurteil – Stichwort: Enttarnung – nicht 100-prozentig aussagekräftig ist.