Millstätter See: Rock around the Kinosaal
Von Konrad Kramar
Eigentlich wären ja schon die Mehlspeisen Grund genug, um auf dem Georgsritterplatz in Millstatt haltzumachen, denn die sind im Kino-Cafe erstens hausgemacht und zweitens bemerkenswerte Kreationen, von der Pfirsich-Topfen- bis zur Limette-Himbeer-Torte. Aber Max Wohlkönig ist nicht wegen der Mehlspeisen aus der Filmwelt in seine alte Heimat am See zurückgekehrt. Nach Jahrzehnten als Kostümbildner hat er sich vorgenommen, das aus den 1950er-Jahren stammende Kino von Millstatt aus dem Dornröschenschlaf zu holen, architektonisch und veranstaltungstechnisch.
In den vergangenen Monaten wurde das Kino mit seinem glamourösen Kinosaal, den originalgetreuen Leuchtschriften und den marmorierten Steinböden wiederhergestellt, samt stilgerechten Sofas und einer Bar, an der sich auch Humphrey Bogart wohlgefühlt hätte.
Nach Saisonende Geisterstadt
Kein leichtes Unterfangen in Zeiten von Netflix & Co., wo sogar in Großstädten die Kinos zusperren. Doch anders als ein Vorbesitzer, der kurzfristig versuchte, dort ein kopflastiges Programmkino zu führen und damit auf wenig Interesse stieß, will Wohlkönig nicht seine künstlerischen Vorstellungen verwirklichen, sondern verfolgt eine schlichte Idee: Er will das Kino zu einem Treffpunkt für die Einheimischen machen. Schließlich droht der im Sommer so mondäne Urlaubsort am See, sich sehr bald nach der Hochsaison in eine Geisterstadt zu verwandeln.
Millstatt auf Super-8
Dafür braucht es mehr als erstklassige Mehlspeisen und eine unterhaltsame Filmauswahl. Wohlkönig hat sich gleich zur offiziellen Eröffnung am 12. November – Filme und Torte gab es schon im vergangenen Sommer – einiges einfallen lassen. Über Monate hat man sich in und um Millstatt auf die Suche nach privaten Super-8-Aufnahmen gemacht. Aus den Fundstücken aus einem halben Jahrhundert hat der Cineast gemeinsam mit Freunden aus der Filmbranche eine Collage für die große Leinwand zusammengebastelt. Millstatt bekommt also seine eigene ganz private Geschichte zu sehen – und dazu gibt es Maroni, Glühwein und Livemusik. An jedem Sonntagnachmittag gibt es von da an einen Tanzfilm – also alles zwischen „Grease“ und „Dirty Dancing“ – und danach kommt ein Tanzlehrer aus der örtlichen Tanzschule und bringt allen, die es nach dem Kino gerne selber probieren wollen, die passenden Tanzschritte zum jeweiligen Stil bei.
Hippe Urlaubskultur
Wohlkönigs Kino-Cafe fügt sich aber auch perfekt in die rasch wachsende hippe Millstätter-Urlaubskultur ein. Ob Parkschlössl, Villa Verdin, oder Villa Streintz, in diesen herrschaftlichen Villen wird die Sommerfrische-Kultur aus der k. u. k. Monarchie neu interpretiert, mit Zebrafell neben dem Kaiserbild und einer Discokugel über der Bar. Anders als etwa in Altaussee oder am Semmering schreibt man in Millstatt eben Nostalgie mit Anführungszeichen. Jetzt auch bei Torte und Tanzschritten im Kino-Cafe.
Villa Streintz: Die entspannteste Variante des zeitgeistigen Urlaubs in Millstatt. In der mit Witz und Liebe zum Detail neu interpretierten K.-u.-k.-Villa direkt am See ist der Blick aus einigen Zimmern regelrecht uferlos. villa-streintz.at
Stift-Millstatt: Nicht nur die romanische Stiftskirche ist sehenswert, auch die Galerie. stiftsmuseum.at
Pichlhütte: Kaiserschmarrn, Wild und Blick über den See. pichlhuette.at