Lanzarote: Ökologe ohne Superkleber
Die urlaubslustige Kollegin, gerade auf Tipps für neue Reisedestinationen aus, konnte nicht recht glauben, was ihr da empfohlen wurde. Sie googelte die Insel Lanzarote – und sah auf den Bildern vor allem schwarze Steine. „Was mach’ ich in der Mondlandschaft?“, fragte sie kopfschüttelnd. So unrecht hat die Frau ja gar nicht. Der Reiz der viertgrößten Kanareninsel, hundertvierzig Kilometer westlich der marokkanischen Küste, erschließt sich dem Besucher nicht auf den ersten Blick.
Ja, es gibt ein paar schöne Sandstrände, aber die haben Gran Canaria, Teneriffa und Fuerteventura auch. Ja, die Hauptstadt Arrecife verfügt über eine tolle Strandpromenade und eine Marina, die als architektonisches Meisterstück gilt. Und ja, die Temperaturen sind, wie generell auf den Kanaren auch im Winter frühlingshaft. Aber sonst?
Der Schlüssel zum Entdecken der Schönheit der Insel liegt in Wirklichkeit in der Person eines Künstlers, der die Entwicklung und das heutige Aussehen Lanzarotes nachhaltig geprägt hat: César Manrique (1919–1992).
Als der von der Insel stammende Maler, Bildhauer und Architekt 1966 nach einem mehrjährigen New-York-Aufenthalt in seine Heimat zurückkehrte, fühlte er sich angesichts des beginnenden Tourismus-Booms verpflichtet, sich für den Schutz der ursprünglichen Inselarchitektur einzusetzen. Ihm ist es zu verdanken, dass die traditionelle Lanzarote-Architektur (weiße Häuser, grüne oder blaue Fensterläden) fast überall erhalten geblieben ist; und dass man bis heute auf Lanzarote nur wenige Gebäude findet, die mehr als drei Stockwerke hoch sind. Wer die Bettenburgen auf Gran Canaria und Teneriffa gesehen hat, weiß das besonders zu schätzen.
Darüber hinaus realisierte Manrique mehrere öffentliche Projekte, bei denen eine Symbiose von Kunst und Natur eingegangen wurde. Er gestaltete Aussichtspunkte, Gärten, Kreisverkehre und vernachlässigte Räume mit seiner charakteristischen, zwischen Miró und Picasso anzusiedelnden Handschrift. Manrique mutierte dadurch auch zum Umweltschützer und Ökologen (und das ganz ohne Superkleber- oder Suppenschütter-Aktionismus). 1993 wurden diese Anstrengungen von der UNESCO denn auch mit der Ernennung von ganz Lanzarote zum Biosphärenreservat belohnt.
Unterirdische Salons in Lavablase
Am besten lässt sich Manriques Wirken und Philosophie in der Fundación César Manrique in Tahíche nachvollziehen. Das ehemalige Wohnhaus des Künstlers ist nicht nur durch die dort ausgestellten Werke, sondern auch durch die in eine Lavablase hineingebauten Salons sehenswert. Dasselbe gilt für die Jameos del Agua: Aus zwei Lavahöhlen, die von den Bauern als Mülldeponie verwendet wurden, gestaltete Manrique ein Kunstwerk mit unterirdischem Restaurant und blendend weißem Pool. Absoluter Höhepunkt, und das im doppelten Sinn, ist der Mirador del Río ganz im Norden der Insel: Hier verwandelte Manrique eine ehemalige Festungsanlage zu einem grandiosen Aussichtspunkt in Richtung der Insel Graciosa, der sich, typisch Manrique, perfekt der Umgebung anpasst.
Die eingangs erwähnte Kollegin ist übrigens soeben von ihrem bereits dritten Lanzarote-Aufenthalt zurückgekehrt.
Anreise: Direktflüge ab Österreich bietet nur Ryanair (2x wöchentlich) an; ryanair.com. Tägliche Umsteigeverbindungen mit Iberia über Madrid; iberia.com. CO2-Kompensation laut climateaustria.at: 26,30 €
Strandleben: Die weitläufigsten Strände sind die von Puerto del Carmen an der Ostküste, die sonnigsten die von Playa Blanca im Süden
Bilderbuchstadt: Wer Teguise, die einstige Inselhauptstadt, besucht, fühlt sich durch die zahlreichen Adelshäuser und die imposante Pfarrkirche ins 18. Jahrhundert zurückversetzt
Museum: Manriques Alterswohnsitz kann in Haría im „Tal der 1000 Palmen“ besichtigt werden
Webtipp: auszeit-lanzarote.com/de