Winter im Großarltal: Auf Wein und Zirbenwurst in der Skigondel
Von Stefan Hofer
Köstlich ist der verdutzte Blick des Skifahrers, dem beim Anblick des speisenden Grüppchens seine Skistöcke vom Handschuh rutschen. Er wollte doch nur bei der Mittelstation der neuen Kieserlbahn zusteigen – und dann das. Da sitzen doch tatsächlich vier Erwachsene gut gelaunt an einem Tisch, trinken Wein, jausnen deftigen Bergkäse, Speck und Zirbenwurst. In einer Skigondel.
„Wollen’S auch a Schluckerl?“, ruft Tina Neudegger freundlich aus der Gondel und hebt ihr Weinglas. Der Mund unter der Skibrille des Herrn bleibt offen, die Kabinentür geht zu. Der Zeitpunkt zu Mittag ist aber auch ungewöhnlich für ein Gondeldinner, das sonst abends – nach Liftschluss für Skifahrer – stattfindet (das nächste Mal am 10. März ab 17 Uhr). Tina Neudegger, Hotelierin vom Nesslerhof bei der Talstation, macht an diesem Wintertag den Probe-Umlauf mit einer Handvoll Gäste.
Da gibt es zum Start ein Großarler Jausenbrett, darauf folgt eine „gebeizte und geflämmte Lachsforelle, mit eingelegtem Kürbis, Topinambur und Paprikamarmelade“. Die Gondeltischgemeinschaft witzelt, es fallen Worte wie exklusiv, g’schmackig, dekadent, lustig. Und irgendwie stellt man es sich auch romantisch vor, wenn man die Zehnergondel zu zweit bucht. „Ja, wir hatten auch schon Hochzeitsanträge“, bestätigt Neudegger. Man sollte sich nur ganz sicher sein, ansonsten kommt einem ein Gondelumlauf wohl ewig vor.
Einzigartig ist das luftige Essen nicht, im Skiverbund Ski amadé wird es etwa auch in der Region Hochkönig angeboten. Und eines wird bei einem Gondeldinner schnell klar: Die Herausforderung ist die Logistik. Wenn sich nach einem Gang und einem Umlauf die Türen bei der Talstation wieder öffnen und der Kellner den Sous vide gegarten heimischen Tafelspitz reicht, sollte dieser auch die richtige Temperatur haben.
Nur der dazu kredenzte Wein kommt nicht aus dem Salzburger Land, sondern aus der Südsteiermark und dem Mittelburgenland. „Noch“, sagt die Großarlerin und muss selbst lachen. Wer weiß, der Klimawandel und so. Zum Abschluss wird süße „Tonkabohnen-Crème brûlée“ als Gondeldessert serviert.
Vor Sonnenaufgang auf der Piste
Grundsätzlich ist es auch in Großarl eine gute Idee, aus der Gondel zu steigen. Etwa frühmorgens beim Skikeriki, wie man hier zum Early Bird-Skiing sagt. Oben, bei der Bergstation der Kieserlbahn, öffnet sich ein weiter Blick, besonders schön ist der zur Morgenröte: „Dachstein, Großglockner, Hochkönig – da schaust über halb Österreich“, kommentiert ein Einheimischer. Schöner ist nur der „fetzblaue Winterhimmel“, wie Neudegger sagt.
Schlafen im Nesslerhof
Baden mit Aussicht auf den Zielhang – das ist in einigen Suiten des Nesslerhofs von Hermann und Tina Neudegger möglich. Direkt neben der Talstation der 10er-Kieserlbahn gelegen, glänzt das teils neu gestaltete 4*S-Hotel mit Raum: Ob an der stylishen Bar, im Frühstücksbereich oder im 1.800 m² großen Spa – dem Gast wird Platz eingeräumt. nesslerhof.at
Regionale Metzgerei produzierte Wildwürste
Was auffällt: Die Großarler haben alles gern in eigener Hand. Vor allem beim Essen. Deshalb sollte man auf dem Rückweg aus dem Tal unbedingt zum „Großarler Genuss“ abbiegen. Thomas Ammerer managt hier Metzgerei, Bistro und Shop. Er grüßt Gäste und winkt, viele aus dem Dorf jausnen hier, ein gutes Zeichen. Ammerer zeigt Kühlraum und Räucherkammer.
„Ein Bauer im Tal schlachtet noch, wir verarbeiten.“ Ammerer philosophiert über Hirschfleisch und Naturdärme. Rund 350 Produkte habe er im Angebot, etwa „Lammhauswürstel mit Chili“. Ein Renner seien Würste mit Wildfleisch und die Zirbenwürstel. Etliche Hotels wie der Nesslerhof greifen beim Frühstücksbuffet auf Fleisch und Wurst von hier zurück.
Anreise
Per Bahn nach St. Johann im Pongau, mit Bus 540 oder Shuttle nach Großarl. oebb.at
Sonnenskilauf
Die Skischaukel Großarl-Dorfgastein ist Teil von Ski amadé großarltal.info, skiamade.com
Events im März
– Ski- und Weingenusswoche (9.–16. März) mit Packages, Weinroas und Genussgala
– Ladyskiwoche (16.–23. 3.), 1+1 Angebote. Programm auf ladyskiwoche.com
40 bewirtschaftete Almhütten
gibt es im „Tal der Almen“, etwa den Berggasthof Loosbühelalm (loosbuehelalm.at)
Loosbühelalm: Zünftiges Essen vor dem nächtlichen Rodelspaß
Zünftiges Essen servieren auch Elisabeth und Lois Heigl, das junge Pächterpaar betreibt seit Mai 2023 die gemütliche Loosbühelalm östlich von Großarl. Kuh- und Ziegenkäse, Butter, Fleisch vom Rind, Schwein und Milchkitz kommen aus dem Großarltal. „Teils sind es hofeigene Produkte von unserem Stammbauernhof Klausbauer, und mein Bruder macht die Wurscht“, erzählt Elisabeth stolz. Aus der allgegenwärtigen Zirbe macht man auch viel, Schnaps und Saunen. Hinter dem Berggasthof mit rustikalen Zimmern (zweiundvierzig Betten) steht eine Zirbensauna, die beim Besuch unter einer massiven Schneedecke kaum herausragt, ja fast erdrückt wird. Wobei das gar nicht so viel sei.
Elf Meter Schnee
Elisabeth holt ein Fotoalbum hervor, auf einer Seite sind Schneemessungen vergangener Winter summiert und handschriftlich notiert. Da steht zum Beispiel 30. 11. 18 bis 7. 4. 19: 11,67 m“ – und so lebt die Hoffnung auf zukünftige schneereiche Winter doch irgendwie weiter.
Im Sommer ist das Platzl insofern beliebt, da der „Salzburger Almenweg“ direkt an der Almhütte vorbeiführt. Auch der „Tauernhöhenweg“ ist nur zwanzig Minuten entfernt. Im Winter kommen die meisten zum Rodeln hierher, die Schlitten stehen vor der Loosbühelalm bereit. Vor allem nachts, bei Sternenhimmel, ist das ein Erlebnis, wenn es mit Stirnlampe und Zirbenschnapsmut (aber nur ein Schluckerl!) über eine sechs Kilometer lange Rodelstrecke zurück ins Tal geht.
Einen grandiosen Rundumblick hat man von der Sonnenterrasse des neuen Gipfelrestaurants „Wolke7“. Drinnen gibt es Lounge-Möbeln und DJ, serviert werden leichte internationale Gerichte und lokale Spezialitäten. Direkt davor startet ein planierter Winterwanderweg, gut geeignet für Schlitten und Kind. wolke7grossarl.com
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