Leben/Reise

Das näheste exotische Reiseziel mit wildem Mix? Usbekistan!

Reisen ist immer auch eine Vorstellung von etwas. Wenn man etwa auf der alten Seidenstraße in Usbekistan unterwegs ist, wird einem schnell klar, dass die Seidenstraße erstens keine lineare Straße war, sondern ein Wegnetz. Und dass zweitens nicht alles daran märchenhaft war. Aber man stellt sich auf der Reise eben vor, wie einst Karawanen von Ost nach West und retour zogen.

Das funktioniert in Usbekistan so gut, weil das Land noch immer so viel Kulisse für diese Vorstellung bietet. Das Land ist fünfeinhalb Mal so groß wie Österreich und besteht fast ausschließlich aus unterschiedlichen Wüsten. Man bewegt sich teils mitten durch sie, teils entlang logischer Routen durch Oasentäler und entlang des verzeigten Laufes des Amudarya (darya heißt Fluss). Oder über die Pässe der Berge, die von Osten her ins Land ragen (und entfernt mit dem Himalaja verbunden sind).

Die traurige, neue Aral-Wüste

Diese Wüsten sind mal Stein-, mal Felswüsten, nur sehr selten aus Sand, und wenn, dann ist er meist rötlich. Oder es sind steppenähnliche Buschlandstriche, wie die ganz neue Ödnis: Wo im Westen des Landes bis vor dreißig Jahren Millionen Menschen von der Aralsee-Fischerei lebten, ist nun die Aralkum (kum heißt Wüste). In diesem westlichen Drittel der Staatsfläche liegt die autonome Republik Karakalpakstan.

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Ja, das ist ein echter Name, und eine ganz eigene Geschichte: Sie handelt vom stolzen Volk der Karakalpaken, die als Nomaden hier landeten, von den Sowjets irrtümlich den Usbeken statt den Kasachen (mit denen sie verwandt sind) zugerechnet wurden und dann auf Fischer umsattelten, weil der große Aralsee da war. Sie handelt vom weiteren sowjetischen Irrtum, dem Baumwollanbau, der sehr viel Wasser braucht, weshalb der Aralsee heute weniger als ein Zehntel seiner Ursprungsfläche hat.

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Von Karakalpaken, die sich nun wieder neu erfinden und wo zum Beispiel das ganze Dorf Chimboy jetzt die Jurten für das ganze Land baut. Und von Schiffsleichen, die aus der neuen Wüste zusammengetragen wurden und nun in Moynak auf dem absurdesten Friedhof der Welt liegen. Die Geschichte handelt von einem der leersten Landstriche der Welt, wo der Reisende noch an Grenzen stößt – politisch, sprachlich und infrastrukturell –, dabei aber ein unglaublich freundliches Volk und die größte Sammlung russischer Avantgarde-Kunst entdeckt (in Nukus).

Strecke entlang der Oasen

Zugegeben, Karakalpakstan sehen nur echte Reisegourmets. Die meisten Usbekistan-Touristen, die überraschend schnell mehr werden, bleiben auf der verlässlichen Route zwischen der Hauptstadt Taschkent und Khiva.

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Diese Strecke führt entlang der Falte in der Landschaft, wo die hohen asiatischen Berge mitten im Kontinent auf das steppenhafte Flachland treffen. Im Osten geht es Richtung Achttausendern, im Westen Richtung Kaspischer Niederung. Taschkent selbst wird in einem Tempo erneuert, dass man die sowjetischen Fassaden bald wird suchen müssen.

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Die Stadt ist nicht nur wegen ihrer Lage drauf und dran, das wirtschaftliche Zentrums Zentralasiens zu werden, die Bevölkerung ist jung, die Lebensqualität steigt rasant. Für Touristen ergibt sich so ein Mix aus russischen Statuen, neoklassizistischen Gebäuden, musealer Seidenstraßengeschichte – und einem kulinarischen Mix asiatischer Küchen. Das ist gut, spätestens wenn einem das nationale Reisgericht Plov (köstlich) vielleicht doch einmal zu viel wird. Usbekische Küche ist gut, aber nicht sehr vielfältig.

Gut zu besuchen

Zentralasien ist generell immer öfter auf Reiselisten, aber leider auch in den Nachrichten. Usbekistan selbst hatte fünfundzwanzig Jahre einen Diktator, der sich Präsident nannte.

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2016 starb er, seitdem ist das Land auf dem Weg der Öffnung, gerade gewann der neue Präsident die Wahlen wieder. Laut Verfassung ist das seine zweite und letzte Amtszeit. (Man wird sehen.) Die Nachbarstaaten sind ziemlich demokratisch (Kirgistan, Kasachstan) bis ziemlich problematisch (Afghanistan), bleibt den Touristen vor allem Usbekistan. Viele dieser Besucher sind auf Pilgerreisen. Schon von den rund dreiunddreißig Millionen Usbeken reist etwa ein Viertel jährlich quer durch das Land, um das Grab ihres Familienpropheten zu besuchen. Dazu kommen zunehmend muslimische Reisende aus dem Ausland, um die bedeutenden Stätten des Islam zu besuchen.

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Die Geschichte des Landes ist eng mit dem Islam verwoben. Die Seidenstraßenaura nährt sich zum einen Teil aus Lehmburgen, aus stechend blau-türkisen Ornamenten auf Fließen und Tellern, aus bunten Trachten (die vielen Inlandsreisenden putzen das Stadtbild auf, meist ältere Menschen aus ländlichen gebieten, die diese Tracht noch tragen), aus erhaltenen Karawansereien und Touristenkamelen davor. Zum anderen Teil aus dem Islam, der hier im achten Jahrhundert ankam, aus dem Kampf zwischen Khan und Emir – diesen Titel verlieh sich 1370 Volksheld Timur, nachdem er die kämpferische Periode unter den Nomaden beendete.

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Wie sein Enkel Ulugh Beg forcierte er die Islamisierung des Mongolenreichs. Unter ihnen und später unter den Dschaniden wurden viele Moscheen, Minarette, Medressen und Nekropolen gebaut, von denen einige fast original sind. Sie beeindrucken auch den unkonfessionellen Reisenden, eben mehr als Tausend-und-eine-Nacht-Kulisse.

Bis in die Berge

Den Höhepunkt dieser Kulisse findet der Reisende nach rund tausend Fahrkilometern (die man teils mit dem hochmodernen Schnellzug Afrosiab absolvieren kann), wenn er nach Taschkent (die Märkte!), Samarkand (der Registan, der imposanteste Platz Zentralasiens!) und Bukhara (das pulsierende Leben im jüdischen Viertel und am Stadtteich Labi Hovuz!) vor der Lehmmauer von Khiva steht, dem Zentrum des historischen Choresien.

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Die einst reiche Handelsstadt wurde wegen ihrer Wüstenlage von einigen Erobern beim Zerstören vergessen. So ist sie noch immer ein kulissenhaftes Freiluftmuseum – die Altstadt Ichan Qal’a, umgeben von dieser zwei Kilometer langen und sieben Meter hohen Mauer mit Zinnen. Alleine darin gibt es über hundert Sehenswürdigkeiten (besonders die Mausoleen und das stummelige Minarett, das nicht fertig gebaut wurde!). Die Ichan Qal’a ist eines der schönsten UNESCO-Welterbe überhaupt und immer voller Usbeken, die den Lieblingsheiligen besuchen. Sie beten, tanzen und singen, sie lachen einen mit ihren Goldzähnen an. Die Freundlichkeit der Menschen in Usbekistan ist eine Sehenswürdigkeit für sich.

Erweitert wird die Vielfalt Usbekistans noch durch die Berge, die gerade im großen Stil erschlossen werden. Bis jetzt besuchte man meist nur das Ferganatal im äußersten Osten. Heute bleibt man auf dem Weg meist in der Chimgan-Region stehen, bekannt für Wanderungen und Freizeitgestaltung. Derzeit entsteht dort, eineinhalb Autostunden nördlich von Taschkent, eine Ski-Kleinstadt mit Pisten bis auf 3.300 Meter Seehöhe.

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Info

Klimafreundliche Anreise: Von Wien erreicht man Taschkent am besten über Frankfurt (austrian.com) oder Istanbul (turkishairlines.com), auch Uzbekistan Airways zeigt Verbindungen: uzairways.com Es gibt jetzt keine Direktflüge, die CO2-Kompensation beträgt auf climateaustria.at 35 € (h/r)

Packages: – Busrundreise „Usbekistan – Das goldene Herz der Seidenstraße“: 8 Nächte/HP, inkl. Flüge, Transfers, Programm, Reiseleitung; Termine 25.3. bis 28.10.2022; ab 1.338 €, Info/Buchung: ruefa.at/reisen/ rundreisen/usbekistan/
– Privat-Rundreise „Usbekistan Alte Städte und Jurtenromantik“: 10 Tage/HP/2 VP, inkl. Transfer (1 Inlandsflug), Programm, Reiseleitung: ab 1.390 €, Info/Buchung: Tel. 01/313 75 210 oder raiffeisen-reisen.at
 
Auskunft: Tourismus-Center Usbekistan: uzbekistan.travel
Seite des Tourismus-Ministe- riums: uzbektourism.uz

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