Leben/Gesellschaft

Pädophiler Mann stellt sich Reddit-Fragerunde

"Ich bin ein Pädophiler" – mit diesem Satz eröffnete der User mit dem Nicknamen Wandtapete93 Ende Juni eine offene Fragerunde auf Reddit. Über seine Person gab er zudem preis, dass er 22 Jahre alt und Student sei. Und fügte hinzu: "Für mich steht außer Frage, dass ich niemals meine Neigung werde ausleben können". Bei Interesse werde er jedoch gerne im Rahmen eines AMAs ein paar Fragen beantworten. AMA steht für den Subreddit "Ask me Anything" ("Frag mich alles") und gibt Usern Raum für Diskussionen zu unterschiedlichsten Themen.

Öffentliches Bekenntnis

Mit dem Begriff Pädophilie wird das primäre sexuelle Interesse an Kindern, die noch nicht die Pubertät erreicht haben, bezeichnet. Geht man von der Echtheit und Authentizität des Useraccounts aus, so bekennt sich Wandtapete93 öffentlich zu diesem sexuellen Interesse. Bereits seit seinem neunten Lebensjahr wisse er, dass bei ihm etwas "nicht normal läuft": "Mit 9 dachte ich, ich sei nur schwul, mit 12 fand ich es merkwürdig, jüngere Jungs ansprechend zu finden. Danach kam eine längere Zeit der Verdrängung und Hoffnung, es sei nur eine Phase. Denke mit 16 kam die endgültige Erkenntnis." Er fühle sich am meisten "von Jungs um die 12 Jahre" angezogen. Gleichsam wolle er nicht, dass die Ächtung von Pädophilen in der Gesellschaft unkontrolliert fortschreite.

"Wem eingetrichtert wird er sei ein Monster, der wird zum Täter"

Die Fragerunde auf Reddit zu eröffnen sei eine "spontane Idee" gewesen, wenngleich er "anfangs ein etwas mulmiges Gefühl dabei hatte". Mit seiner Reddit-Initiative wolle er primär Raum für eine offene und möglichst vorurteilsfreie Diskussion über das Thema schaffen und über eines der größten noch bestehenden Tabus in der Gesellschaft aufklären. "Ich denke es ist ein interessantes Thema zu dem es zu wenig Info gibt. Einerseits bin ich wohl etwas selbstsüchtig, weil ich möchte dass Pädophile nicht grundlos gehasst werden. Aufklärung hierfür unerlässlich. Andererseits muss es möglich sein ein Klima zu schaffen, in dem vielleicht auch ein 13-jähriger Depressiver der merkt etwas stimmt nicht mit ihm aufstehen und sagen kann, dass er diese Neigung hat und Hilfe braucht. […] Wer keine Perspektive im Leben sieht und wem eingetrichtert wird er sei ein Monster, der gibt sich eher auf und wird zum Täter", schreibt Wandtapete93 in einem Antwort-Posting.

Er selbst sei es gewöhnt als "Vergewaltiger und Abschaum" beschimpft zu werden. Indirekt - denn in seinem Freundeskreis wisse niemand über seine sexuelle Neigung Bescheid. Nur seine Mutter sei den Ausführungen des Mannes zufolge eingeweiht: "Meine Mutter weiß es und sie empfindet Mitleid und macht sich Sorgen ob ich glücklich werden kann", so der junge Mann.

Er könne es verstehen, wenn man Pädophile verachte, doch das schütze Kinder nicht. Gezielte Aufklärung und Beratungsangebote hingegen schon. "Ich möchte nur etwas Bewusstsein dafür schaffen, dass Pädophile Menschen sind, die sich ihre Neigung nicht ausgesucht haben und damit leben müssen. Anstatt sie zu verachten, sollte man sie/uns dabei unterstützen, ein moralisches Leben zu führen."

Bisher haben über 260 Menschen auf das Posting des Mannes reagiert. Nachzulesen gibt es den gesamten Verlauf des Threads hier.

Österreich: Notstand bei der Therapie für Pädophile

In Österreich plädiert der Berufsverband der Sozialarbeiter für mehr Therapieplätze für potentielle Täter, um eine wirksame Prävention gegen Kindesmissbrauch zu ermöglichen. In Deutschland bietet beispielsweise das Präventionsnetzwerk Kein Täter werden an verschiedenen Standorten kostenloses und durch die Schweigepflicht geschütztes Behandlungsangebot für Menschen, die sich sexuell zu Kindern hingezogen fühlen und deshalb therapeutische Hilfe suchen. In Österreich herrscht hingegen seit Jahren ein Notstand bei der Therapie für Pädophile. Zwar finanziert die Krankenkasse auch die Behandlung von Patienten, bei denen die Gefahr besteht, dass sie eine Straftat begehen könnten, doch damit lasse sich der Aufwand für die umfangreiche Betreuung nicht abdecken. Menschen mit pädophilen Neigungen, die Hilfe suchen, bevor etwas passiert, können sich beim Forensisch-Therapeutischen Zentrum der Stadt Wien oder bei der Beratungsstelle Courage (mehrere Standorte in ganz Österreich) melden.