Leben/Gesellschaft

ÖVP: „In Wien sind die Ergebnisse verheerend“

Alle 80.000 Schüler der vierten und achten Schul­stufe mussten im Mai zum Mathetest. Geprüft wurde, ob die Jugendlichen die Grundkompetenzen beherrschen, die in den Bildungsstandards festgelegt wurden. Die Ergebnisse werden erst am 11. Dezember veröffentlicht.

Doch bereits jetzt prescht die Wiener VP-Gemeinde­rätin Isabella Leeb mit einer Meldung vor. Sie habe „aus dem Bildungsministerium erschreckende Zahlen erhalten: 86 Prozent der Wiener Hauptschüler erreichen die Mindestanforderungen nicht – die AHS-Schüler haben dagegen gut abgeschnitten“.

Das habe fatale Folgen für den Wirtschaftsstandort: „Bereits 2011 stellte das Wirtschaftsforschungsinstitut WIFO fest, dass Wien seine Wettbewerbsfähigkeit einbüßt, wenn die Probleme im Bildungsbereich nicht beseitigt werden“, meint Leeb. Dass die Wiener so schlecht abschneiden, wollten allerdings weder Bildungsministerium noch Stadtschulrat bestätigen.

Diagnose Die Bildungsstandards legen seit 2009 fest, über welche Grundkompetenzen ein Schüler in den Fächern Mathematik, Deutsch und Englisch verfügen muss. Ziel der Standards ist, die Qualität des Unterrichts zu verbessern. Im kommenden Jahr werden die Schüler der achten Schulstufe in
Englisch geprüft. 2014 folgen Deutschtests für die vierten Klassen der Volks- und Hauptschulen sowie der Gymnasien.

Ab kommenden Dienstag können die Schüler ihre persönlichen Ergebnisse auf einer Internetplattform abrufen – falls sie noch den Code haben, den sie im Mai erhielten. Die Lehrer bekommen anonymisierte Ergebnisse ihrer Klassen – der Direktor einen Schulbericht. Auch getrennte Bundesländerberichte wird es geben.

PIRLS und TIMSS

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Unten finden Sie einige Testfragen.

A:
Ein Badezimmer hat eine Bodenfläche von 7,2 Quadratmeter. Eine Packung Fliesen reicht für 1,2 Quadratmeter. Wie viele Packungen Fliesen benötigt man mindestens zum Verfliesen des Bodens? (6)

B:
Die Einwohnerzahlen folgender Gemeinden sollen mit einem Balkendiagramm dargestellt werden (Bruckhausen: 15.000, Korbach: 18.000, Einsfeld: 14.000). Der längste Balken soll eine Länge von 6 cm haben. Welcher Einwohnerzahl entspricht dann eine Balkenlänge von 1 cm? (3.000)

C:
In einer Schule sind die Buben deutlich in der Minderheit. In jeder einzelnen Klasse gilt sogar: 2 mal B

D:
Die Winkelsumme im Dreieck beträgt 180 Grad. Wieso kann man daraus schließen, dass der größte Winkel in einem Dreieck wenigstens 60 Grad beträgt ? (Wenn der größte Winkel weniger als 60 Grad betragen würde, dann wäre die Summe der beiden anderen größer als 120 Grad und damit wenigstens einer der beiden Winkel größer als 60 Grad bzw. gleichwertige Argumentation)

E:
Du möchtest die Mandatsverteilung im österreichischen grafisch so darstellen, dass man daraus möglichst erkennen kann, welche Koalitionen eine Mehrheit im Parlament hätten. Du überlegst, welche statistische Grafik dafür gut geeignet wäre. Lies dir jede Aussage durch. Kreuze an, ob sie richtig oder falsch ist: Gut geeignet wäre ein...

1)Streudiagramm (falsch)
2)Kreisdiagramm (richtig)
3)Liniendiagramm (falsch)
4)Piktogramm (falsch)

F:
Gegeben sind die Zahlen 16, 4, 9, 11, 17, 13, 14. Ermittle die dieser Zahlen. (13)

Am 11. Dezember werden die Ergebnisse der ersten Überprüfung der Bildungsstandards veröffentlicht. Dann wird sich zeigen, wie es um die Mathematik-Kompetenzen von rund 80.0000 Schülern der vierten Klasse AHS bzw. Hauptschule und Neue Mittelschule steht. Die nächsten Tests stehen auch bereits bevor: Im April wird in der vierten Klasse Volksschule Mathematik überprüft, im Mai folgt in der achten Schulstufe Englisch. Im Folgenden Antworten auf die wichtigsten Fragen:

Was sind Bildungsstandards?

Sie legen seit 2009 fest, über welche Grundkompetenzen Schüler in der vierte Schulstufe (in Deutsch, Englisch) bzw. der achten Schulstufe (in Deutsch, Englisch, Mathematik) verfügen sollten. Sie ergänzen den Lehrplan, indem sie vorgeben, wie genau Kinder etwas bis zum Ende der Volksschulzeit bzw. im letzten Jahr der Hauptschule, AHS-Unterstufe oder Neuen Mittelschule wissen oder können sollen (Kompetenzorientierung). Ziel ist die Qualitätsverbesserung des Unterrichts.

Wie werden die Standards in der Praxis umgesetzt?

Unter Leitung des Bundesinstituts für Bildungsforschung (Bifie) wurden die Grundkompetenzen für Deutsch, Mathematik und Englisch (letzteres nur achte Schulstufe) festgelegt und praxisnahe Aufgabenbeispiele für Lehrer erstellt, mit deren Hilfe die notwendigen Kompetenzen aufgebaut werden sollen. Lehrer können informell durch spezielle Diagnoseinstrumente überprüfen, wo ihre Klassen in den einzelnen Kompetenzbereichen stehen und bekommen vom Bifie auch Empfehlungen zur Fachdidaktik. Seit 2012 wird jedes Jahr im Frühjahr bei Testungen überprüft, ob die Umsetzung der Standards funktioniert. Um über Vergleichswerte zu verfügen, wurden vor der Einführung Ausgangstestungen durchgeführt.

Was wird wann getestet?

Die erste flächendeckende Überprüfung fand im Mai 2012 für das Fach Mathematik in der achten Schulstufe statt, die Ergebnisse werden am 11. Dezember vorliegen. 2013 folgen Englisch in der achten und Mathematik in der vierten Schulstufe, 2014 Deutsch in beiden Altersgruppen. 2015 beginnt der Drei-Jahres-Zyklus von vorne. In jedem Fach werden bestimmte Kompetenzen überprüft. Die Tests finden jeweils für alle Schüler des jeweiligen Jahrgangs österreichweit an einem Tag statt. Sie werden nicht vom Klassenlehrer geleitet, in der achten Schulstufe muss es auch ein Lehrer eines anderen Fachs sein.

Wer wird getestet?

Alle jeweils rund 80.000 Kinder in der vierten Klasse Volksschule bzw. der achten Schulstufe mit Ausnahme von Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf und außerordentlichen Schülern. Allerdings wird nur beim schriftlichen Test der gesamte Jahrgang geprüft, für die Teilkompetenz Sprechen bei Deutsch bzw. Englisch wird eine Teilstichprobe von je ca. 100 Schulen herangezogen.

Wie laufen diese Tests ab?

In der vierten Schulstufe dauern die Tests maximal 80 Minuten, in der achten Schulstufe maximal 120 Minuten. Zwischen den verschiedenen Testphasen - in Englisch etwa Höraufgabe, Leseaufgabe und Schreiben - gibt es jeweils fünfminütige Pausen. Damit nicht abgeschrieben werden kann, müssen die Schüler einer Klasse unterschiedliche Tests bearbeiten. Die Fragen sind jedoch in jeder Gruppe in etwa der selben Zeit beantwortbar und decken die selben Kompetenzbereiche ab. Es gibt Fragen, bei denen die Antwort frei formuliert werden kann bzw. muss und solche, bei denen nur die richtige Antwort angekreuzt werden, Elemente in die richtige Reihenfolge gebracht oder Begriffe der entsprechenden Beschreibung zugeordnet werden müssen. Nach dem Test füllen die Schüler noch einen Fragebogen zu statistischen Daten und den Rahmenbedingungen des Lernens aus (Unterrichtsmaterialien, Bildungsniveau der Eltern etc.).

Was passiert mit dem Ergebnis der Testungen?

Diese liegen rund ein halbes Jahr danach vor und fließen nicht in die Note ein, sondern sollen nur dem Schüler selbst als Rückmeldung dienen. Außerdem bekommt der Lehrer die anonymisierten Ergebnisse seiner Klasse, der Direktor einen Schulbericht sowie die Ergebnisse aller Klassen, die Schulverwaltung die Ergebnisse pro Bundesland und das Ministerium eine Zusammenfassung der neun Bundesländerberichte. Die Ergebnisse sollen zeigen, ob die entsprechenden Kompetenzen vermittelt werden. Auf Mängel soll etwa der Lehrer durch andere Schwerpunkte im Unterricht, der Schulleiter durch Qualitätsentwicklung oder Schulungsprogramme oder die Schulaufsicht durch Änderungen in der Lehreraus- und -fortbildung, der Lehrpläne, Bücher oder beim Stundenausmaß einzelner Fächer reagieren.

Seit 2009 gelten in Österreich zusätzlich zum Lehrplan auch Bildungsstandards, mit denen festgelegt wird, was ein Schüler in der vierten Schulstufe (Deutsch, Mathematik) bzw. in der achten Schulstufe (Deutsch, Mathematik, Englisch) können soll. Seit heuer wird jedes Jahr im Frühjahr - jeweils abwechselnd in anderen Fächern bzw. Schulstufen - überprüft, wie sich die Bildungsstandards auf die Leistung der Schüler ausgewirkt haben; als Vergleichswert dienen anfangs Ausgangstestungen vor deren Einführung.

Die Ergebnisse der Bildungsstandard-Testungen liegen jeweils Ende des Jahres vor und haben keinen Einfluss auf die Noten der Schüler bzw. die dienstrechtliche Leistungsbewertung der Pädagogen. Nur der Schüler selbst erfährt, wie er persönlich abgeschnitten hat. Der Lehrer bekommt das (anonymisierte) Gesamtergebnis seiner Klasse, die Schulleitung das ihrer Schule bzw. der einzelnen Klassen, die Schulaufsicht die allgemeinen Teile der Schulberichte sowie Regionalergebnisse, die Landesschulräte die Landesergebnisse sowie die Unterrichtsministerin einen Bundesbericht. Die Tests sollen Mängel aufzeigen, auf die dann etwa durch Änderungen der Lehreraus-und -fortbildung, der Lehrpläne, Bücher oder beim Stundenausmaß einzelner Fächer reagiert werden kann.

Heuer wurden alle rund 80.000 Schüler der achten Schulstufe (4. Klasse Hauptschule, AHS-Unterstufe oder Neue Mittelschule) im Fach Mathematik getestet. Im Frühjahr 2013 wird in der achten Schulstufe Englisch überprüft, alle rund 83.000 Schüler der vierten Klasse Volksschule sind dann außerdem in Mathematik am Zug. 2014 folgt Deutsch in der achten und "Deutsch, Lesen Schreiben" in der vierten Schulstufe. Danach beginnt der nächste Drei-Jahres-Zyklus: 2015 wird Mathematik in der achten Schulstufe überprüft, die Volksschulen sind erst wieder im Jahr darauf mit Mathematik dran usw.