Leben/Gesellschaft

So viel #metoo steckt in Pornos

Und wie das so ist, landete dieser Tage eine Pressemeldung zum Thema „Frauen und Online-Pornos“ im Mail-Postfach. Darin wird erzählt, dass „moderne Technologie“ auch vom weiblichen Geschlecht genützt würde, um die „eigene Sexualität zu erforschen“. So steht es in einer neuen Studie der University of Waterloo.

Demnach fänden es Frauen angenehm, sich mit Hilfe ihrer Smartphones diskret zurückziehen zu können, um entsprechende Inhalte zu konsumieren. „Wir wissen aufgrund früherer Forschungsarbeiten, dass Frauen eine der am schnellsten wachsenden Gruppen unter den Konsumenten von Online-Pornografie sind", sagt Diana Parry, Professorin für Freizeitforschung von besagter Uni. Ziel der aktuellen Studie sei es, den Grund dafür zu klären. Erste Gespräche im Rahmen der Untersuchung hätten gezeigt, dass Pornos Frauen offenbar ermutigen, ihre Sexualität zu akzeptieren oder aber ermöglichen, sich mit anderen über Sex-Praktiken oder Spielzeug auszutauschen. „Man muss sich klar darüber sein, dass die Gesellschaft immer noch sehr altmodische Vorstellungen von weiblicher Sexualität hat, mit Ansichten, die meist die Bedürfnisse und Gelüste der Männer eher akzeptieren", sagt Parry auch.

Klar schauen Frauen Pornos

Ja, es ist richtig, dass auch Frauen Pornos schauen – und davon erregt werden. Dazu gibt es zahlreiche Untersuchungen. Daran ist nichts Schlimmes. Schlimm ist allerdings, welche Bilder ein hoher Prozentsatz dieser Clips transportiert. Wir regen uns über sexuelle Übergriffe, über #metoo auf? Man braucht sich gar keine Mühe zu machen und auch nicht lange zu suchen, um auf gängigen Online-Porno-Seiten festzustellen, dass dort das Prinzip des sexuellen Übergriffs in allen Schattierungen als ganz normales Animationsprogramm für die Onanie zwischendurch dominiert. Frauen werden im Schlaf penetriert, von ganzen Horden Männern vergewaltigt, sie werden vom Onkel, Lehrer, Tennislehrer oder Stiefvater angemacht, sie werden heimlich beobachtet, gefilmt und voyeuristisch mit der Kamera penetriert. Das Prinzip der Erniedrigung und Instrumentalisierung dominiert im Porno-Mainstream-Business und das äußerst erfolgreich. Pornografie macht 30 bis 35 Prozent des gesamten Datenverkehrs weltweit aus. Erst vor Kurzem veröffentlichte „Pornhub“ als eine der größten einschlägigen Websites Zahlen und Daten dazu: Alleine im vergangenen Jahr wurden dort über vier Millionen Videos mit einer Gesamtlaufzeit von 68 Jahren hochgeladen, die transferierte Datenmenge betrug im selben Zeitraum 3732 Petabytes: Das würde sämtliche Iphone-Speicher dieser Welt füllen. Und wie gesagt: Das sind die Zahlen einer einzigen Plattform.

Male gaze und Sexismus

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Das Fatale daran ist weniger die Menge - dass Menschen Pornografie konsumieren, ist so. Es ist die Darstellungsweise. Der Großteil dieser Inhalte entsteht durch den „male gaze“, den männlichen Blick. Es sind also vorwiegend männliche Regisseure, die sagen, was angesagt ist. Angesagt ist Sexismus, in purer und ekelhafter Form. Doch nahezu niemand merkt, wie sehr die Konsumenten von diesen Bildern (und damit verknüpften Vorgaben) geprägt werden. Das beginnt schon im Teenager-Alter, wo junge Mädchen und Burschen durch all diese Bilder – vom Analsex bis zum multiplen Blowjob - sexuell sozialisiert werden. Erst im vergangenen Jahr zeigte eineStudie der University of Nebraska, dass das Alter, in dem Burschen das erste Mal mit Pornografie in Kontakt kommen, in Verbindung mit einer gewissen sexistischen Einstellung im späteren Leben steht. Auf diese Weise werden maskuline Normen bestimmt. Jeder, der solche Clips ansurft, sucht, konsumiert, draufklickt, sollte sich also bewusst sein, dass er etwas multipliziert, auf das gerade weltweit mit dem Finger gezeigt wird.

Suche nach Femporn steigt

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Einen kleinen Hoffnungsschimmer gibt es jedoch. Ebenfalls laut Pornhub ist die Suche nach frauenfreundlichen Pornos im vergangenen Jahr um 1400 Prozent gestiegen. Der Suchbegriff „Porn for Women“ war der am schnellsten wachsende Begriff. Viele Frauen mögen nicht, was sie im Sex-Mainstream finden. Was aber unterscheidet sogenannten Femporn vom Rest der stupiden Online-Rammelei? Ein schönes Beispiel sind die Filme von Erika Lust, die kein stakkatorartiges Reinraus zeigen, sondern die ganze Bandbreite erotischer Begegnungen. Der Umgang miteinander ist respektvoll, einvernehmlich und erlaubt sexuelle Vielfalt. Überdies spielt eine entsprechende Ethik bei der Produktion selbst eine Rolle. Weitere Namen der Branche sind Petra Joy, Jennifer Lyon Bell und dieWienerin Adrineh Simonian.

Für Femporn gab es übrigens auch schon einen Preis, den PorYes-Award. Dessen Initiatorin Dr. Laura Meritt geht es darum, Pornos mit höherem Niveau zu fördern: „Die Antwort auf schlechten Porno ist nicht gar kein Porno, sondern besserer Porno!“ Es gilt, zu zelebrieren, dass es Alternativen zum degradierenden, klischeehaften, schlecht-schlichten Mainstream-Sexclip gibt.