Leben/Gesellschaft

Lockmittel für Büchermuffel: So bringen Sie Ihr Kind zum Lesen

"Mein Kind mag nicht lesen!“, beklagen viele Eltern und fragen sich, was sie falsch gemacht haben. Sie haben den Kindern vorgelesen, genießen selbst Zeit mit einem guten Buch, betonen die Bedeutung des Lesens – eigentlich müssten sie eine echte Leseratte herangezogen haben. Aber nein. Nur 41 Prozent der befragten 12- bis 19-Jährigen gaben in der Studie des deutschen Forschungsverbund Südwest an, dass sie täglich oder mehrmals pro Woche (gedruckte) Bücher lesen. Deutlich ist der Geschlechterunterschied: Jedes zweite Mädchen liest gerne, aber nur jeder dritte Bursche. Elf Prozent der Mädchen greifen nie zum Buch und 24 Prozent der Buben. Bei Umfragen unter Jüngeren liegt das Buch etwas besser: Zwischen 6 und 13 Jahren lesen 60 Prozent der Kinder, ergab eine Umfrage. Die Zahlen haben sich in den vergangenen zehn Jahren kaum verändert.

Der Unterschied zwische Leseratten und Büchermuffeln ist dramatisch, betont die Max-Planck-Gesellschaft: „Ein Kind, das durchschnittlich lange und gut liest, wird am Ende der sechsten Klasse ungefähr zwei Millionen Wörter gelesen haben. Ein Kind, das Lesen fast vollständig vermeidet, kommt etwa auf 200.000 Wörter.“

Dabei ist Training sehr wichtig: Menschen, die mehr und anspruchsvollere Bücher lesen, üben diese Fähigkeit und werden dadurch immer besser, so das Institut. Klar dass ihnen das Lesen leichter fällt und sie einen größeren Fortschritt haben. Die Wissenschafter haben dafür einen inspirierenden Begriff kreiert: Engelskreis.

Serien statt Solo-Themen

Wer sich einmal an die „Fünf Freunde“, „Conny“ oder die „3 Fragezeichen“ gewöhnt hat, erlebt mit ihnen gerne weitere Abenteuer. Das fängt schon beim „Kleinen Drachen Kokosnuss“ an, den viele Kinder auch als Kuschentier oder auf der Jausenbox haben. Erfolgreiche Serien werden auch oft verfilmt – noch eine gute Einstiegsmöglichkeit für Büchermuffel.

 

Persönlich statt allgemein

Für die ganz Kleinen kann man Bilderbücher personalisieren lassen, sodass die  Hauptperson den Namen des Kindes trägt. Bei den Großen muss der Zufall helfen, eine namensgleiche Figur zu finden. Aber  Bücher kann man rund um die Hobbys oder andere Freizeitpläne auswählen: Fußballer lesen „Teufelskicker“, Hockeyspieler die „Hockey-Kids“ und wer auf Urlaub fährt, sucht eine Geschichte aus dem Land.

 

Realität statt Belletristik

Speziell rational denkende Kinder können sich manchmal mit erfundenen Geschichten nicht anfreunden. Da kann eine Biographie einer echten Person oder eine realitätsnahe Geschichte aus der Gegenwart besser ankommen, etwa  über die junge Aktivistin Malala oder Martin Luther King. Interessant sind für sie auch Bücher  über aktuelle Themen wie „Djadi“, der zehnjährigen Flüchtlingsjungen.

 

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Bunt statt grau

Greg ist mit seinem Tagebuch der bekannteste, aber nicht der einzige gezeichnete Held einer Buchserie. Wer graue Textwüsten und langweilige Sprache ablehnt, wird auch mit den Büchern über Tom Gates seine Freude haben. Und als Anreiz für die Eltern: Ja, die Sprache ist nervig. Aber für viele Lesemuffel sind diese Bücher die Einstiegs-
droge.

Rätsel statt Lösungen

„Ohne Krimi geht die Mimi nie ins Bett“, war einst ein Gassenhauer. Erwachsene mögen spannende Bücher, Kinder auch – ganz besonders, wenn sie dabei mitraten können.  Das Genre der „Ratekrimis“ ist vielfältig.

Online-Typen statt Offline-Autoren

Eltern müssen nicht davon überzeugt sein, aber vielleicht wirkt es: Interessanterweise gehen immer mehr YouTube-Stars unter die Buchautoren. Ein Online-Minecraft-Spieler   mit 2,5 Millionen Fans schaffte es mit seiner Geschichte „Die Schmahamas-Verschwörung“ sogar auf die Spiegel-Bestsellerliste. Den Inhalt hält der Buchkritiker des Magazins  für mager, aber ein Ziel erreicht er: „Jugendliche nehmen endlich wieder ein Buch in die Hand.“

 

Ergebnis statt Erlebnis

Kinder lieben Quizzes und Punkte zu sammeln. Das macht sich das „Antolin-Programm“ zunutze: Für die erste bis zehnte Schulstufe gibt es Online-Fragebögen zu mehr als 70.000 Büchern. Den Zugang bekommen Kinder nur über die Schule, nicht privat. Eine Herausforderung sind auch Projekte wie das „Lese-Schaufenster“: Da schreiben Kinder Buchbesprechungen, die ausgestellt werden.

Entscheiden statt treiben

Eine aktive Rolle nehmen die Kinder bei Büchern wie der „1000 Gefahren“-Serie ein. Dabei entscheiden die Leser selbst , welchen Pfad der Geschichte sie verfolgen wollen.  Beispiel: Man arbeitet als Reiseleiter in den USA. Die Geschichte hängt davon ab, für welche Tour man sich am Beginn entscheidet, und  wie es mit der Geschichte jeweils weitergeht. Später kann man die anderen Varianten
lesen.

 

Elektronisch statt gedruckt

Es gibt Phasen im Leben eines Buben, da ist alles Elektronische cool, selbst wenn es ein eReader ist und kein Handy. Dort kann man sich auch mit der Buchstabengröße spielen und unbekannte Wörter leicht nachschlagen. Und wie dick ein Buch ist, lässt sich nicht auf den ersten Blick erkennen.

Event statt einsam

Bei Veranstaltungen wie der „Buch Wien“-Messe im November  können Kinder und Jugendliche den Autoren zuhören, wie sie aus ihren Büchern vorlesen. Das macht neugierig. Die Wiener Büchereien bieten  das mit ihrem Kinderangebot „Kirango“ häufig an.