Leben/Gesellschaft

Lesbische Filmküsse: Fluggesellschaft zensiert Film

Die Zensur wird in den USA und auch in anderen Teilen der Welt alles andere als positiv aufgenommen. Nachdem das amerikanische LGBT-Magazin After Ellen Anfang August enthüllte, dass alle Sexszenen und Küsse zwischen den lesbischen Hauptfiguren zensiert wurden, brach ein regelrechter Shitstorm über das Unternehmen herein.

Intimität zwischen den heterosexuellen Charakteren sei laut dem Artikel nicht zensiert worden. Dem Bericht liegt der Website zufolge ein Tweet der amerikanischen Komikerin Cameron Esposito zugrunde. Sie hatte am 3. August auf dem Kurznachrichtendienst Twitter ein Posting dazu veröffentlicht. "Ich habe Carol im Flugzeug gesehen und sie haben es so bearbeitet, dass sich die Hauptfiguren niemals küssen", schrieb Esposito.

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After Ellen zufolge hatte sich eine Leserin bereits im April dieses Jahres bei der Fluggesellschaft über die Zensur beschwert. Nachdem sie das Unternehmen mit ihrem Unmut konfrontierte, erhielt sie ein Schreiben, in dem man sich dafür entschuldigte, dass sie "die Bearbeitung von Carol als beleidigend" empfinde. Man müsse jedoch versuchen, die Wünsche tausender Fluggäste zu berücksichtigen. Der Vorwurf der Diskriminierung wurde zurückgewiesen.

Die britische Filmproduktion erzählt die Geschichte eines lesbischen Liebespaares in den 50er-Jahren. Die Hauptrollen mimen Cate Blanchett (47) und Rooney Mara (31). Der Film, der im Dezember 2015 in die österreichischen Kinos kam, wurde unter anderem bei den Filmfestspielen in Cannes und bei der Frankfurter Buchmesse ausgezeichnet. Nominierungen erhielt der Streifen von Regisseur Todd Haynes bei den Golden Globes und Oscars. Laut BBC zählt der Film zudem zu den bedeutendsten Filmen des 21. Jahrhunderts.

Geschnittene Version gekauft

Die Fluggesellschaft selbst sieht in der Entscheidung, Passagieren den zensierten Film zu zeigen kein Problem. Man habe den Spielfilm außerdem nicht selbst geschnitten, sondern lediglich eine bereits abgeänderte Version gekauft. "Es gab zwei Versionen des Filmes, welche das Studio angeboten hat. Eine geschnittene und eine ungeschnittene. Die geschnittene Version entfernte zwei explizite Szenen, welche unseren Richtlinien nicht entsprechen. In dieser Version wurden zudem aber auch alle Küsse entfernt", wird in einem offiziellen Statement an After Ellen betont.

Gegenüber der Zeitschrift Entertainment Weekly erklärte man zudem, dass die Küsse an sich nicht problematisch seien, die mehrsekündigen Nacktszenen hingegen sehr wohl. "Wenn wir besorgt über das Küssen gewesen wären, dann hätten wir den Film gar nicht gezeigt. Aber es gibt auch einige Szenen, die Nacktheit zeigen." Man habe sich daher für die veränderte Version entschieden und die Zensur der Küsse quasi im Paket mitgekauft.

Trotz des beschwichtigenden Statements machen zahllose Menschen ihrem Ärger über die ihrer Meinung nach höchst absurde und diskriminierende Zensur unter dem Hashtag #freecarol im Internet Luft. Bisher hat Delta Air Lines die zensierte Version noch nicht zurückgerufen.

Andere Fluglinien zeigen Kinofassung

Nicht alle US-amerikanischen Fluglinien befanden die von Delta Air Lines beanstandeten Szenen für zu freizügig. Wie Phyllis Nagy, Drehbuchautorin des Films Carol, auf Twitter bestätigte, zeigen American Airlines und United Airlines den Film in ungekürzter Kinofassung.

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Filmzensur im Flugzeug nicht unüblich

Das Abändern von Filmen für die Vorführung im Flugzeug hat eine lange Tradition. In der Vergangenheit wollte man damit sicherstellen, dass die gezeigten Inhalte für alle Passagiere angemessen sind. Seit Filme in den meisten Flugzeugen nicht mehr auf einzelnen in der Kabine verteilten Bildschirmen, sondern auf jedem Sitz abgespielt werden, haben sich zahlreiche Airlines für neue Lösungen entschieden. So bietet die Fluglinie American Airlines laut Los Angeles Times beispielsweise bevorzugt Originalfassungen an, um die "Vollständigkeit der Filme zu gewährleisten". Bei Filmen mit Altersbeschränkung werde vor Beginn ein Warnhinweis ausgespielt. United Airlines bietet wiederum unterschiedliche Versionen von Filmen an.