Voll fett - wie's dazu kommen kann
Von Heinz Wagner
Voi geil, Oida - erster Eindruck beim Eintritt in die Bühne im Hof. Trashig, die Bühne. Baustellengitter, Bierkisten, halb zerfetzte Plakate an den Gittern, ein Einkaufswagerl, viel Mist und diverses Klumpert, das am Gitter hängt (Bühnenbild und Kostüme Andrea Bernd).
Dann zunächst eher ein Absacken. Erster Auftritt, Ski-Outfit, Skipisten als Projektion im Hintergrund. Und doch - trotz heftiger Worte ein eher Schulmusical-Auftritt. Danach eine Mädchenrunde, die über das Macho-Gehabe auf der Piste herziehen (wollen), aber eher geschwollen wirkende Leitartikel runterbeten.
Doch nach diesen ersten Enttäuschungen da fährt das Stück. Das eben gestartete Jugend-Musical "Voll fett" in der St.Pöltner Bühne im Hof.
Zehn junge SchauspielerInnen,...
... die Jugendliche ziemlich nah darstellen. Unterschiedliche Typen, die - auch wenn in zwei verschiedenen Gruppen/Gangs - doch eines vereint: Der Alk. Das Ober-Macho-Trio schwört nur auf Bier, die gemischte Siebener-Runde mehr auf Alkopops, Vodka & Co.
Party, Party, Party. Und da saufen, saufen und wieder saufen. Alles andere finden sie Scheiße. Besonders Schule. Die und deren Lehrer kriegen's in den Songs recht heftig ab.
Was die Inszenierung (Regie Peter Gruber) - vielleicht sogar besser als das Stück (Autor Helmut Korherr) selbst - rüberbringt ist die Stimmung. Jene, die vielleicht zum Saufen führt - ohne direkte und vor allem ohne ausschließliche Schuldzuweisung. Während die Kids am Skikurs die Flaschen kreisen lassen, sitzt der "Lehrkörper" selbstverständlich im Almstüberl, um "edlen Tropfen" zu frönen. Und beim Schulabschlussfestl in Ceciles elterlicher Wohnung treffen sie natürlich auf eine prall gefüllte Alk-Bar...
Ohnmächtig
Vor allem aber fühlen sie sich ohnmächtig, etliche ziemlich perspektivlos. Keiner fragt danach, was sie können, sie stellen sich hinten an und machen den selben (Konsum-)wahn... - wie es in einem der Songs heißt.
Die "Geht scho, gemma Voigas"-Stimmung wird gebrochen durch einige Katastrophen im rauschigen Zustand: Ein Motorradunfall, Ansteckung mit Aids durch ungeschützten Verkehr (ausgerechnet der stets auf Emanze tuenden Cecile mit dem größten Sprücheklopfer der Machos Eddie) und anschließendem Selbstmord der Erkrankten, Bens Tod durch Saufen - vielleicht hätten's ein paar weniger Katastrophen auch getan.
Ohrwürmer
Sehr berührend und gar nicht wie ein Fremdkörper wirkt Fritz' melancholisch-gefühlvoll gesungene Erkenntnis seiner Scheiß-Einsamkeit. Da würd ein wenig weniger erhobener Zeigefinger beim Schluss schon vielleicht mehr Raum für eigenes Denken beim jungen Publikum lassen. Auch wenn der Song, der das Thema "Voll fett" am Ende des ersten Teils wieder aufnimmt, und nun dazu auffordert, aus dem Teufelskreis auszubrechen, so wie die anderen gut ins Ohr geht (Musik Franz Dorfner).
Infos
Großartig jedenfalls der volle Einsatz des zehnköpfigen Bühnenensembles, von dem keine/r hier hervorgehoben werden soll: Claudia Kottal als Ann, Andrea Frohn (Biggie), Elisabeth Veit (Cecile), Alexander Hoffelner (Davide), Johannes Scherzer (Benny), Richard Skala (Alfie), Simon Schober (Claude) und die Macho-Gang Reinhard Steiner (Eddie), Horst Schirmbrand (Gerry) und Robert Neumayr (Fritz).
Mo, 2.- Do, 5. Mai
Mo, 9., Di, 10. Mai
Jeweils 10 Uhr
Bühne im Hof
3100 St.Pölten, Julius-Raab-Promenade 37
(02742/ 352291)
Kartenpreis für Schulklassen: 10 Euro