Schnurren über besondere Katzen
Von Hedwig Derka
Katzen sind Kulturfolger. In nahezu jedem Winkel dieser Welt, der von Menschen besiedelt ist, schnurrt es auch. In Österreich leben geschätzte 1,7 Millionen Katzen, in jedem vierten Haushalt lebt mindestens ein Exemplar. In Deutschland geht der Zentralverband Zoologischer Fachbetriebe davon aus, dass es in Summe 12,3 Millionen sind. Drei davon gehören Elke Pistor.
Stinktier Herbert aus dem Tierheim, Steffi und der rote Kai-Günther machen die Wahl-Kölner Schriftstellerin Tag für Tag verrückt. "Ja, ich muss es gestehen, ich bin katzenverrückt", sagt die studierte Psychologin. Aus ihrer Leidenschaft für die "faszinierenden, schrecklichen, eleganten, tollpatschigen, energiegeladenen, faulen, hoch konzentrierten, entspannten, liebevollen, einzigartigen, verschmusten, kratzbürstigen, treuen, unabhängigen, intelligenten, sturen" Tiere ist ein unterhaltsam-informatives Nachschlagewerk entstanden. "111 Katzen, die man kennen muss" ist kürzlich im emons-Verlag erschienen (17,50 Euro).
Das Lexikon der haarigen Individualisten beginnt mit Acater, dem Retter aus der Hungersnot: Der vierbeinige Proviantmeister soll Sir Henry Wyatt gegen Ende des 15. Jahrhunderts im Tower von London mit Tauben versorgt haben. So konnte der Gesinnungsfeind von König Richard III. die Gefangenschaft überstehen. 230 Seiten später schließt das reich bebilderte Buch mit Williamina. Die stolze Katze eroberte mit ihrem schneeweißen Nachwuchs, vor allem aber durch bemerkenswerte Hartnäckigkeit, das Herz von Charles Dickens. Vor dieser Liaison ließ der britische Bestseller-Autor (1812–1870) Katzen zu Pastete verarbeiten; freilich nur auf dem Papier.
"Katzen sind wunderbar. Bei der Arbeit zum Buch konnte ich ein halbes Jahr völlig legal im Internet nach ihnen stöbern", erzählt die 49-jährige Pistor, die in den vergangenen 25 Jahren nur eine Woche gänzlich katzenlos war. Die virtuelle Reise rund um den Globus förderte mindestens 111 "samtpfötige Persönlichkeiten" zu Tage. Zum Beispiel Muezza, die Katze des Propheten: Der Legende nach schlief die helle Schönheit mit dem langen Haar auf Mohammeds Ärmel ein. Anstatt das Tier zu wecken, schnitt der Religionsgründer sein kostbares Gewand entzwei.
Intelligenzbestie
An anderer Stelle im weiten Web stieß Pistor auf Fräulein Sinner, eine Dauerbesucherin der Uni Hildesheim: Die abgemagerte Streunerin hatte im Winter 2002 in den Lüftungsschächten der Alma Mater Schutz gesucht. Mittlerweile hat sie dort einen eigenen "Lehrstuhl" inne: In Hörsaal 3 steht für die aufgepäppelte Intelligenzbestie ein blau gepolsterter Sessel.
Nicht zuletzt erzählt die Autorin die Geschichte von Fritz: Der schwarze Kater inspirierte 1993 sein Herrl Helge Schneider zu dem Song "Katzenklo", der den Unterhaltungskünstler richtig reich machte.
"Das Katzenklo ist eines der wenigen Dinge, die ich an Katzen nicht mag", gibt die zweifache Mutter zu. Probleme hat die Tierfreundin auch, wenn ihre Freigänger "Beute nach Hause bringen und es keine Mäuse oder Ratten sind, sondern Vögel". Der Jagdinstinkt liegt selbst den zahmsten Schmusern noch im Blut. Towser, the Mouser – Katze Nummer 104 im Buch – ist bester Beweis dafür. Die "fleißigste Katze aller Zeiten" hat es Pistor zufolge sogar auf 28.899 Mäuse gebracht. Die Schildpatt (dreifärbige Katze), die sich von 1963 bis 1987 in einer Schottischen Whisky-Destillerie auf die Lauer legte, schaffte es mit durchschnittlich 3,3 Mäusen pro Tag ins "Guinnessbuch der Rekorde" und auf ein Podest: Das Denkmal vor der Glenturret Distillery zeigt die Katzendame wohlgenährt.
"Die Bildrechte sind zum größten Teil gespendet", erklärt die Tierschützerin – ein Teil des Bucherlöses geht an den Kölner Katzenschutzbund. Er nimmt sich der unzähligen Straßenkatzen an, fängt sie ein und lässt sie kastrieren. Pistor: "Mein Buch soll schnurriges Lesevergnügen bereiten. Es ist aber auch ein Benefiz-Projekt, um das große Elend der wilden Katzen in den Griff zu bekommen."