Kultur

Wrabetz stimmt ORF-Information auf Groß-Umbau ein

ORF-Chef Alexander Wrabetz ist sehr stolz: „Unser multimedialer Newsroom für online-TV-Radio-Social Media läuft trotz Corona im Zeit- und Kostenplan – Innenausbau beginnt!“, postete er dieser Tage – auch in Englisch – auf verschiedenen sozialen Kanälen. Dazu sind auf einem Foto die Gebäudehülle des neuen Herzstücks der ORF-Information, er selbst und sein Mann für alle Fälle, Bau-Projektleiter Pius Strobl, zu sehen.

Ihnen folgen dorthin bald (vor allem) die Journalisten, die mit den bisher verstreut liegenden ORF-Standorten von Radio, Fernsehen und Online nun im ORF-Zentrum zusammengezogen werden. Sie werden, erweitert um Social Media, ab Mitte 2022 gemeinsam aus dem multimedialen Newsroom informieren.

Morgen, Freitag, wird Wrabetz (seit Jahren General- und Info-Direktor in Personalunion) die ORF-Mitarbeiter als Teil eines „On-Boarding-Prozesses“ über Baufortschritt und weitere Besiedelungsschritte informieren.

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Etwa 30 ORF-Spitzenkräfte werden zudem in einer Online-Klausur diskutieren – um ihr Glück oder Ende geht es da nicht nur für die fünf Chefredakteure (von Radio, ORF1 und 2, Online) samt Stellvertreter. Denn mit dem Newsroom ändern sich Arbeitsbilder, interne Abläufe und Verrechnungskreise sowie, nicht zuletzt, Verantwortlichkeiten. Man folgt da im Grund einem Konzept, das von den Redaktionen schon vor einem Jahrzehnt angestoßen wurde und nach der Standortentscheidung 2012 federführend vom Ex-Radio-Chefredakteur und früheren ORF2-Infochef Stefan Ströbitzer entwickelt wurde. Er ist für die Umsetzungsphase als Consultant an Bord.

Kulturrevolution

Mit dem organisatorischen Nachziehen in Sachen Digitalisierung des Info-Bereichs steht dem ORF die größte Reform seit dem Volksbegehren 1967 ins Haus und eine „Kulturrevolution“, wie es mit den Neuerungen Befasste nennen. Vorne weg: Eine allmächtige Chefredaktion soll es – eingedenk der Jahre von Werner Mück unter ORF-Chefin Monika Lindner – nicht geben. Das neue Zauberwort lautet „Newsroom-Management“. Es wird für eine einheitliche Führung in redaktioneller, kaufmännischer und technischer Hinsicht verantwortlich sein. Der Newsroom wird „eine Firma in der Firma“, sagen Eingeweihte.

Unterhalb des Managements soll es, auch um der oft beschworenen „inneren Pluralität“ willen, eine Dreiteilung nach Aufgaben (nicht nach Ausspielkanälen) geben:

- Ein Newsdesk, geleitet von News-Managern, wird sich um alles kümmern, damit Infos schnell raus gehen. Dazu gehören News-Beobachtung und Verifikation sowie eigene Live-Teams. Gearbeitet wird vor allem für Online, Social Media, Radio, Teletext.

- Eine weitere Säule sind Fachressorts (geplant: Inland, Ausland, Chronik, Wirtschaft, Wetter). Die gibt es derzeit mehrfach – je nach Ausspielkanal. Deren Fusion, vor allem auch auf Führungsebene, wird eine Herausforderung.

- Die dritte Säule sind die Sendungs-/Plattform-Teams: Darunter fallen „ZiB“-Sendungen, Ö1-Journale, Ö3-Info oder ORF On. Sie ordern Inhalte von Fachressorts, werken aber ebenso mit eigenen Teams und müssen sich auch untereinander koordinieren.

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Neue Jobs und Chefetagen

Eine Folge dieser Neuaufstellung wird für einiges Blätterrauschen sorgen: Es muss viele Neuausschreibungen für zahlreiche neue (Führungs-)Jobs geben, während bisherige wegfallen. Das könne, heißt’s, „noch laut und blutig“ werden – ORF-Journalisten neigen dazu, für die Unabhängigkeit, die sie meinen, selbst ihrem Chef öffentlich Grenzen aufzuzeigen.

Auf Wrabetz, immer eher Politiker als Manager, muss das Zusammentreffen von baldiger Bau-Fertigstellung, Neu-Organisation und ORF-Wahl im Sommer wie ein Lotto-Treffer wirken. Es tut sich ein riesen Job-Basar auf, zu einer Zeit, in der es für ihn um den Generaldirektor geht.

Derzeit wird in seiner Administration an den Organisationsanweisungen gearbeitet. Stehen die, folgen im Herbst – nach der ORF-Wahl – die Ausschreibungen. Wrabetz, der als Jurist auch selbst Hand anlegt, kann hier Richtungen vorgeben. Auch für den Fall, dass seine seit 2007 dauernde Amtszeit als ORF-Chef am 31. Dezember 2021 endet. All das wird er im Poker mit der ÖVP, die im Stiftungsrat die absolute Mehrheit hat, versuchen auszuspielen.