Kultur/Wiener Festwochen

Festwochen: Satire aus der Sowjetzeit

Ausufernd opulent, furios und sehr filmisch. So wirkt die Dramatisierung des Romans "Der Meister und Margarita", Michael Bulgakows böse-lustiges Spiel um Leben und Tod, Atheismus und Glauben, Gott und Teufel, Erlösung und Verdammnis.

Der britische Regiestar Simon McBurney war mit "A Disappearing Number" schon 2007 Gast bei den Wiener Festwochen. Nun kommt er mit Bulgakows literarischem Wunderwerk nach einer restlos ausverkauften Aufführungsserie im Londoner Barbican Centre ab 1. Juni ins Burgtheater.
"A knockout performance", jubelte der Observer. Video und Hightech, Multimedia-Effekte und Puppenspieler fügen dem im stalinistischen Moskau der 1930er-Jahre angesiedelten Höllenspektakel eine – für das Theater überraschende – neue Dimension des Sehens hinzu.

"Die ultimative Faust-Geschichte."

"Mit dem Projekt könnte ich mich für den Rest meines Lebens beschäftigen", sagte McBurney. "Ich fühle mich immer wieder von Dingen angezogen, die ich nicht verstehe. Denn wenn man sich mit ihnen näher beschäftigt, öffnet einem das Türen in eine andere Welt."

"The Master and Margarita" ist für den Regisseur "die ultimative Faust-Geschichte. Und sie ist sehr lustig und sehr verrückt." Die Arbeit an der satirischen Abenteuer- und Liebesgeschichte mit ihren surrealen Elementen habe ihm einige schlaf­lose Nächte beschert.
Obwohl er alle Hebel der Bühnen- und Medienmaschinerie in Bewegung setzt, um dem komplexen Stoff eine dramatische Form und die Bebilderung einer Halluzination zu geben, stellt er mit noblem Understatement fest: "Nein, es gibt nichts wirklich Neues in der Bühnenkunst. Theatermacher sind nichts als Diebe in der ehrenwerten Tradition der Scharlatane. Aber sie sind natürlich zugleich Meister der Täuschung, um alle anderen zu unterhalten."
So streift der Teufel, adjustiert mit schwarzer Sonnenbrille und Stehkragen, durch Stalins Moskau: Eine skurrile Gestalt, eigentlich harmlos, wenn man sich an kleine sonderbare Dinge wie die sprechende schwarze Katze mit den Glutaugen in seiner Entourage gewöhnen kann.

Bulgakows literarische Abrechnung

Doch unversehrt bleibt niemand, der dem Fürsten der Finsternis begegnet. Denn mit ihm tauchen die Dämonen wieder auf, die Stalin der russischen Seele austreiben wollte: Glaube, Liebe, Hoffnung.


Dann ist da auch noch die Geschichte einer Liebe: die von Margarita (Sinéad Matthews) zum Meister. Auf Erden wird’s zwar nix mit ihrem Glück, aber sie ist bereit, für ihn zu sterben oder auch einen Pakt mit dem Teufel einzugehen ...
"Gimme Shelter" von den Rolling Stones klingt an zum meisterlich arrangierten Chaos. Und der Song "Sympathy For The Devil" bringt auf den Punkt, worum es Bulgakow bei der fantastischen Groteske ging: Um eine literarische Abrechnung. Um Genugtuung durch einen diabolischen Rachegeist. Wir aber sollen vor allem herzhaft lachen. Schließlich ist der Mensch ein unheilbarer Patient und schlechter Witz.

Wiener Festwochen: "Der Meister und Margarita"

Stück: Simon McBurney hat Michael Bulgakows Roman "Der Meister und Margarita" für die Bühne adaptiert. Ein Schriftsteller verbrennt seinen Roman. Eine Frau reist in die Hölle und wieder zurück, um ihren Geliebten zu retten, während Pontius Pilatus mit Jesus über die menschliche Natur und ihren Wert diskutiert.

Wann & Wo: 1. bis 4. Juni Burgtheater (Englisch mit deutschen Übertiteln).

Karten:
01/589 22 11

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