Neue Heimat für die "Verrückten" im Glücksgefühl
Von Peter Jarolin
Jeder, der mit ihm in Berührung kommt, wird Opfer einer Spontan-Infektion. Die Menschen tun verrückte Dinge“, sagte der mit Bravo-Rufen begrüßte Unternehmer Hans Peter Haselsteiner. Er, das ist Gustav Kuhn – Dirigent, Komponist, Regisseur und seit 1998 Intendant in Erl. „Die verrückten Dinge“ – das ist der 36 Millionen Euro teure Bau eines neuen Festspielhauses, das in Erl auch Winterfestspiele ermöglicht. 20 Millionen der Kosten hat Haselsteiner, Präsident der Festspiele, beigetragen. Den Rest gaben Bund und Land.
Und seit der Eröffnung ist klar: dieses Festspielhaus ist ein Geschenk. Architektonisch (Delugan/Meissl) und optisch ein Traum; akustisch eine Sensation. 862 Zuschauer haben Platz, die Bühnengröße beträgt stolze 450 Quadratmeter und auch der größte Orchestergraben der Welt befindet sich nun in Erl.
Mit „Pauken und Trompeten“ wurden die zahlreichen prominenten Gäste aus Politik, Wirtschaft und Kunst begrüßt – Haselsteiner ortete „eine Mischung aus Verrücktheit und Glücksgefühl“. Der Mäzen nahm aber auch die öffentliche Hand als Geldgeber „gerade in Zeiten der Krise“ in die Pflicht.
Ähnlich Tirols Landeshauptmann Günther Platter, der sich „gegen die Vernachlässigung der Kunst in Krisenzeiten“ aussprach. Auch Bundespräsident Heinz Fischer spürte, dass das „ein ganz besonderer Tag ist“. Und Maestro Kuhn? Dieser äußerte sich erst ganz am Ende. „Ich probiere mit Freude und Stolz diese Akustik aus“, so Kuhn vor dem finalen Feuerwerk.
Bayreuth-Flüchtlinge
Sensationelle Akustik
Die Akustik – sie ist fabelhaft, duldet kaum Fehler, ist samten, aber auch extrem durchlässig. Bellini etwa in jeder Schattierung, in völliger Transparenz erfahrbar. Wie klingt dann wohl erst Wagner? Eine Vorahnung darauf brachte der zweite Teil der Eröffnung: Béla Bartóks orchestral groß besetzter, expressiver Einakter „Herzog Blaubarts Burg“. Dirigent Tito Ceccherini führte das exzellente Festspielorchester durch alle Klippen der Partitur; als Judith überzeugte Marianna Szivkova, als markanter Blaubart gefiel Andrea Silvestrelli. Gesungen wurde in ungarischer Sprache. Auch das kein Problem, denn Erl hat eine Übertitelanlage.
Auch auf die ästhetische Ausrichtung der Festspiele gab es einen ersten Ausblick. Kuhn selbst inszenierte diesen „Blaubart“ mit wenigen Dekors (Bühne: Jan Hax Halama), schönen, modernen Kostümen (Lenka Radecky), einer guten Lichtregie (Wolfgang von Koubek und Kuhn) sowie einer psychologischen Tiefenschärfe. Bartók ganz schnörkellos, puristisch, aber im Geiste des Komponisten.
Erl hat also ein neues Winterfestspielhaus. Und das ist – um Salzburgs Festspielpräsidentin Helga Rabl-Stadler zu zitieren – „in Zeiten, wo anderswo Häuser geschlossen werden, ein mehr als schönes und wichtiges Zeichen“.