Kultur

US-Jazzpianistin und Komponistin Carla Bley 87-jährig verstorben

Die Pianistin, Komponistin und Arrangeurin Carla Bley ist tot. Wie US-Medien unter Berufung auf ihren langjährigen Musik- und Lebenspartner, den Bassisten Steve Swallow, berichteten, starb Bley 87-jährig an den Folgen eines Hirntumors.

Die Musikerin hinterlässt ein breit gefächertes musikalisches Erbe, ihre Arbeit umfasst introvertierte Klavierstücke ebenso wie Arrangements für Bigbands und andere große Ensembles, in denen sie Instrumente wie die Tuba unkonventionell einsetzte. Unter anderem war Bley musikalische Leiterin des von Charlie Haden gegründeten "Liberation Music Orchestra", das Jazz als politische Kraft deutete und u. a. während der Bush-Jahre Protestalben aufnahm. Sie schrieb auch eine Jazz-Rock-Oper, "Escalator Over The Hill", die Anfang der 1970er Jahre viel Beachtung erfuhr. Manche ihrer Stücke, wie das meditative "Lawns", gelten heute als Jazz-Standards.

In Kalifornien geboren und früh mit dem Jazz-Virus infiziert, entfaltete sie ihr musikalisches Talent zunächst an der Seite ihres ersten Manns Paul Bley, den sie 1957 heiratete. Bald stand sie im Zentrum einer Erneuerungsbewegung im Jazz, die sie auch ohne Berührungsängste zum Rock vorantrieb. So spielten Cream-Bassist Jack Bruce und Rolling Stones-Gitarrist Mick Taylor bei den Aufnahmen zu "Escalator Over The Hill" mit.

Keine Berührungsängste

Bley stand auch am Beginn der Karriere des österreichischen Saxofonisten Wolfgang Puschnig, den sie in den 1980er Jahren in ihre Band holte. Er entwickelte an Bleys Seite und später im Alleingang zahlreiche Verbindungen, die Jazzgemeinden auf beiden Seiten des Atlantiks in Beziehung brachten. Bley war öfters in Österreich zu Gast - zuletzt widmete ihr das JAM Music Lab den Kompositionswettbewerb "Spheres of a Genius", das Gewinnerwerk von Randall Smith wurde am 4. Oktober 2023 vom Radio Symphonieorchester unter Marin Alsop uraufgeführt.

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Bley wurde früh als Vorreiterin der Avantgarde gefeiert, wobei diese Bezeichnung mehr ihre kreative Einstellung als die konkrete Struktur ihrer Werke betraf. Beobachter lobten ihr Spiel mit tonalen Harmonien und konventionellen Rhythmen. Trotz klarer musikalischer Grenzen überraschte und provozierte Bley oft. In einer 2011 erschienenen Biografie wurde ihre Musik als Mischung aus „volksnah und hochkultiviert, zugleich greifbar und geheimnisvoll, eine Balance von Heiterkeit und Melancholie, mit Augenzwinkern und Tiefe“ bezeichnet.

In memoriam Carla Bley stehen die Ö1-„Spielräume“ morgen, Donnerstag, um 17.30 Uhr unter dem Titel „Eine Pionierin mit Witz und Haltung: Carla Bley“ ganz im Zeichen der Jazz-Komponistin und -Pianistin.