Tobias Pötzelsberger: Souverän durch die Regierungskrise
Von Marco Weise
Das Ende der türkis-blauen Regierung war für den ORF-Moderator Tobias Pötzelsberger der Anfang einer Dauerberichterstattung: Der 36-Jährige war vergangenen Samstag eigentlich nur zu ein paar Minuten Tages-„ZiBs“ eingeteilt und musste anlässlich des verkündeten Rücktritts von FPÖ-Vizekanzler Heinz-Christian Strache kurzerhand durch eine sechsstündige (!) Sondersendung führen. Bereits während und nach dieser kurzfristig eingeschobenen „ZiB“-Spezial erntete er viel Lob für sein kompetentes und ruhiges Auftreten – auch ORF-Anchor Armin Wolf streute ihm via Twitter Rosen.
KURIER: Viele fragen sich seit dem Wochenende: Wer ist dieser Tobias Pötzelsberger?
Tobias Pötzelsberger: Das ist ein ganz normaler Mann aus dem südlichen Innviertel, der eine ziemlich große Leidenschaft für Politik und Fernsehjournalismus hat.
Sie wirken auch in Extremsituationen extrem ruhig und gelassen. Wie wird man so tiefenentspannt: Yoga? Meditieren Sie?
(lacht) Nein, ich mache nichts davon. Mein einziges Hobby ist Gitarre spielen. Ansonsten steckt da nichts dahinter. Man muss einfach ruhig bleiben. Ich wollte einfach das machen, was gute Journalisten eben machen: Die Zuseher seriös und kompetent informieren. Anscheinend ist mir das an diesem Tag ganz gut gelungen.
Wie ist es, als neuer ORF-Star bezeichnet zu werden?
Ach, ich werde einfach so weitermachen wie bisher. Abheben werde ich jetzt sicher nicht. Außerdem wird der Rummel bald wieder verflogen sein, denn in dieser Branche hat man es mit Wellen der Begeisterung zu tun. Für mich war es einfach ein einmaliger Tag und jetzt gilt es, weiterhin so professionell wie möglich zu arbeiten. Außerdem war es keine Einzel-, sondern eine Teamleistung.
Wie schafft man es, sechs Stunden lang mehr oder weniger durchzumoderieren?
Trinken kann man, wenn ein Beitrag eingespielt wird. Das ist kein Problem. Hunger hat man eh keinen, weil der Körper ja voller Adrenalin ist. Es ist eine Daueranspannung und man bleibt dadurch extrem konzentriert. Man kann das mit Chirurgen vergleichen, die auch viele Stunden durchgehend im Operationssaal stehen.
Was macht für Sie guter Journalismus aus?
Ein guter Journalist sollte sich nicht auf eine Seite schlagen, sondern bloß darstellen, was ist. Die Zuseher bilden sich dann schon selbst ihre Meinung. Ich sehe mich als „ZiB“-Moderator einfach als Überbringer von Nachrichten.
Sie haben Ihr Handwerk bei ORF Salzburg gelernt – anscheinend eine gute Ausbildungsstätte ...
Ja! Die Landesstudios in Österreich sehe ich als großartige Ausbildungsstätte für Nachwuchsjournalisten. Der Vorteil ist, man kommt sehr schnell zum Zug, kann Sachen ausprobieren, vieles kennenlernen. Man macht gleichzeitig Radio, Fernsehen und Internet. Das ist wahnsinnig gewinnbringend.
Es wird immer wieder von der politischen Einflussnahme im ORF gesprochen. Wurden Sie schon jemals beeinflusst?
In 15 Jahren ORF hat mir noch nie jemand gesagt, was ich tun oder lassen soll. Wenn ich meine aktuellen Kollegen bei der Arbeit beobachte, kann ich auch mit gutem Gewissen sagen, dass das alles Profis sind und sie sich von niemanden in irgendeine Richtung drängen lassen. Der vergangene Samstag und die anhaltende Berichterstattung sind auch gute Beispiele dafür, wie wichtig ein starker und unabhängiger ORF ist.
Warum sind Sie – im Gegensatz zu Kollegen – kaum auf Twitter aktiv?
Ich bin schon auf Twitter und in anderen sozialen Medien aktiv. Aber passiv, nur als Beobachter. Ich nutze das als Informationsquelle, lese mit, informiere mich, aber poste selbst selten etwas.
Sie sind Sänger bei der Band „The More or The Less“. Wann kann man Sie live auf der Bühne sehen?
Die Band macht gerade eine Pause. Aber Gitarre spielen und Lieder schreiben ist weiterhin mein großes Hobby. Und ich habe da auch schon wieder einige neue Nummern in petto. Aber für Aufnahmen und Konzerte fehlt mir gerade die Zeit.
Welche Songs befinden sich gerade in Ihrer Playlist?
Sehr viele Songs von „The Milk Carton Kids“, ein großartiges US-Singer-Songwriter-Duo. Mein absolutes Lieblingslied ist aber „Blackbird“ von den Beatles.
Zur Person: Der 36-jährige Tobias Pötzelsberger wuchs im Innviertel (OÖ) auf und machte – neben dem Studium der Politikwissenschaft (Universität Salzburg) – seine ersten journalistischen Schritte bei „fm5.at“ und den „Salzburger Nachrichten“. 2004 beginnt er bei ORF Salzburg zu arbeiten– als Reporter, Chef vom Dienst und Moderator von „Salzburg heute“. Seit Jänner gehört er zum neuen Moderatorenteam der Früh-„ZiBs“ um „Guten Morgen Österreich“ bzw. der „ZiB“ um 13 Uhr.