Theatermuseum: Versäumnisse des KHM-Konzerns und andere Brocken
Von Thomas Trenkler
Dem Österreichischen Theatermuseum, einst aus Beständen der Nationalbibliothek hervorgegangen, war keine lange Eigenständigkeit im Palais Lobkowitz beschieden: 2001, nach nur einem Jahrzehnt, kam es zur mehr oder weniger unfreundlichen Übernahme durch das Kunsthistorische Museum. Und man hatte in den letzten zwei Jahrzehnten mehrfach den Eindruck, dass es vom KHM-Konzern geradezu stiefmütterlich behandelt wurde.
2017 mietete sich die Gemäldegalerie der Akademie der bildenden Künste ein – für zunächst drei Jahre beziehungsweise die Zeit der Sanierung des Gebäudes am Schillerplatz. Die Entscheidung dürfte über den Kopf von Direktor Thomas Tra-bitsch gefallen sein. Es gab daher weniger Programm, die Miete ging an die Zentrale.
Es war schon lange bekannt, dass die Gemäldegalerie in der zweiten Jahreshälfte 2021 ausziehen und dass Trabitsch, 1956 geboren, mit Jahresende 2021 in Pension gehen würde. Man hätte also im Konzern genügend Zeit gehabt, um sich mit der Zukunft auseinanderzusetzen. Doch es passierte – nichts. Erst im Mai 2021 wurde der Posten ausgeschrieben, und erst im September fiel die Wahl auf Marie-Theres Arnbom. Schon damals standen die Ausstellungsräume in der Beletage, die von der Gemäldegalerie genutzt worden waren, leer.
Und sie stehen auch jetzt leer. Und sie werden ein weiteres halbes Jahr leer stehen. Denn Arnbom, Jahrgang 1968, ist erst seit einem Monat Direktorin. Ihr Vorgänger dürfte keine konkreten Vorhaben hinterlassen haben. Fix ist nur, dass am 3. Juni eine von Mercedes Echerer kuratierte Ausstellung mit 400 Theaterfotos von Christine de Grancy startet; diese sei ein „Wunsch der KHM-Generaldirektion“ gewesen. Und ein Programm aus dem Hut zaubern: Das kann auch Arnbom, die sich am Dienstag der Presse vorstellte, nicht.
Manege frei!
Sie möchte aber bereits im Spätherbst eine große Ausstellung eröffnen – über Austropop von Nestroy bis zum Nino inklusive Mozart und Falco („Rock me, Amadeus“) wie auch Hermann Leopoldi und Helmut Qualtinger: Es gehe um subversive Kultur, kündigte Arnbom an, die Schau werde vom Team gemeinsam kuratiert. Und für 2023 plant sie eine Ausstellung über Tiere und Tierdarstellungen auf der Bühne – in Zusammenarbeit mit dem Naturhistorischen Museum und dem Tiergarten Schönbrunn.
Die neue Direktorin, die etliche Biografien veröffentlicht hat (auch über den ehemaligen Staatsoperndirektor Ioan Holender), will also das Barockpalais, das in präpandemischen Zeiten 80.000 Besucher pro Jahr hatte, für neue Publikumsschichten öffnen: „Ich möchte das Haus neu erstrahlen lassen.“ Die Beleuchtung werde erneuert, weil sie 2023 nicht mehr den EU-Vorschriften entspräche, es stehe zudem eine Fassadensanierung an, und der Hall im Eroica-Saal soll gedimmt werden. In der Zukunft werde auch das Palais thematisiert werden, das u. a. die tschechische Botschaft, das französische Kulturinstitut und in der NS-Zeit ein „Haus der Mode“ war.
Arnbom, die sich Kuratorin und Autorin eingehend mit jüdischen Künstlerschicksalen in der NS-Zeit beschäftigt hat, will sich auch dem riesigen Komplex Provenienzforschung widmen. Er war in den letzten zwei Jahrzehnten lax behandelt worden. „Das wird ein großer Brocken werden.“