Tandaradei! Anselm Kiefer malt jetzt (fast) fröhliche Bilder
Von Michael Huber
Wer die neue Ausstellung der Galerie Ropac nur im virtuellen Rundgang besucht, versäumt etwas: Denn selbst mit Mund-Nasen-Schutz ist eine Präsentation von atelierfrischen Werken Anselm Kiefers stets auch ein Erlebnis für die Nase. Die enorme Menge an Farbe, mit der der deutsche Künstler seine Bilder malt oder eher: zubereitet, braucht Ewigkeiten, um zu trocknen, und wie alles hat auch dies Symbolkraft: Kiefers Welt hat eine andere Zeitlichkeit, verlangt Versenkung, Tiefe, Entschleunigung.
Kiefers neue Serie „Für Walther von der Vogelweide“ (bis 3. 10.) kommt aber nun mit nachgerade dünnem Farbauftrag beinahe sommerlich-leicht daher, falls dieser Begriff bei diesem Großunternehmer der Bedeutungsschwerindustrie jemals angebracht ist.
Neben der Sonne Südfrankreichs diente dem Künstler Walther von der Vogelweides Gedicht „Under der Linden“ als Inspirationsquelle. Die „gebrochen bluomen unde gras“ – Blumen und Gras, in denen sich der Minnesänger ein Liebesnest einrichtet – finden sich in bunte Farbmassen übersetzt, die Kiefers Palette bisher fremd schienen. Goldauflagen verleihen zusätzlich Strahlkraft, mit gestischen Strichen kommt wieder Malerei dorthin, wo bei Kiefer zuletzt primär Material war.
Nur Sensen sind in den Bildern montiert, doch sie erinnern mehr an die Schnitter von Millet und Van Gogh denn an den Tod. Unernster wird es bei Kiefer kaum.
Am Fr., 21. 8., und Mi., 26. 8., 18 Uhr, rezitiert Sunnyi Melles in der Galerie Gedichte von Walther von der Vogelweide. Anmeldung erforderlich: salzburg@ropac.net