Kultur

Studio Molière: Der Liebe und der Kinder wegen in Wien

Das Studio Molière in der Liechtensteinstraße hat eine wechselvolle Geschichte: Als Reitschule erbaut, diente das Gebäude im 19. Jahrhundert als Bildhaueratelier. Ab 1905 mit großer Leinwand versehen, wurde es jahrzehntelang als „Flieger Kino“ betrieben, ehe es 1971 Teil des Lycée français wurde. In den letzten Jahrzehnten, fast ausschließlich schulintern genutzt, verschwand das Theater aus der Wahrnehmung.

Doch dann, ab 2013, wurde es nach den Plänen von Dietmar Feichtinger ziemlich cool modernisiert: Das lichte Foyer dominieren hohe Spitzbogenfenster – und der Saal mit der steil ansteigenden Tribüne verfügt nun über 242 Plätze (inklusive vier Rollstuhlplätzen) sowie eine exzellente Tonanlage. Im Mai 2018 schließlich schrieb das Institut français die Bespielung aus. Unter den mehr als 50 Bewerbungen konnten sich Lise Lendais und Pierre-Emmanuel Finzi mit ihrem Konzept durchsetzen, gleichrangig Film und Theater präsentieren zu wollen.

Lendais, 1983 nahe Paris geboren, ist Kostüm- und Bühnenbildnerin. Sie arbeitete u. a. für die Needcompany in Brüssel – und kam 2010 der Liebe und der Kinder wegen nach Wien. 2015 lernte sie durch Zufall bei einem Bazar Finzi kennen, der ebenfalls der Liebe und der Kinder wegen nach Wien gekommen war – bereits 2007. Der Filmproduzent, 1975 nahe Paris geboren, arbeitete von 2009 bis 2016 unter der Leitung von Claus Philipp im Stadtkino, danach gründete er seinen Verleih „Filmgarten“.

Start mit Extremen

Im Mai dieses Jahres wurde das „Film-Theater“ wieder in Erinnerung gerufen. Denn die Wiener Festwochen zeigten im Studio Molière die beinahe paradigmatische Uraufführung „Three Episodes of Life“: Marcus Öhrn kombinierte Film mit Theater.

Und nun, am vergangenen Wochenende, starteten Lendais und Finzi mit ihrem Programm unter dem Titel „Le Studio Film und Bühne“: Zunächst sah man einen extrem kurzen Double-Feature-Abend von Silvia Costa, eine Kombination aus „Spiel“ von Samuel Beckett und der kafkaesken Eigenkreation „Wry Smile Dry Sob“, die im März im Vorarlberger Landestheater Premiere hatte und durch gespenstische, sexuell aufgeladene Traumsequenzen besticht. Danach folgte der extrem lange Film „La Flor“ von Mariano Llinás (14 Stunden). In dieser Tonalität soll es weitergehen; Finzi will eine Mischung aus Kinderfilmen, französischen Komödien, die es nicht in die heimischen Kinos schaffen, und Titeln aus seinem Verleih bringen.

Das Leitungsduo hat zwar eine Anschubfinanzierung für das heurige Jahr bekommen (darunter 30.000 Euro von der Stadt Wien und 25.000 Euro vom Bund). Aber es hat nicht viel Zeit, sich zu beweisen. Denn derart selbstausbeuterisch wie bis zur Eröffnung will man nicht weitermachen. Um ein niveauvolles Programm inklusive Vermittlungsangeboten finanzieren zu können, seien 600.000 Euro notwendig.