Spiel mit Traumwelten
Von Karl Oberascher
Autor, Künstler, Kurator und Fotograf. Juan Fontcuberta ist ein vielseitig begabter Mann. Was seine vielen Tätigkeiten verbindet, ist sein stetes Streben nach Innovation. „Ich bin ein Konzept-Künstler, der Fotografie verwendet“, beschreibt der 58-jährige Spanier seinen Zugang zur Fotografie.
Fliegender Affe
In einer seiner bekanntesten Fotoserien dokumentierte Fontcumberta das Kuriositätenkabinett des Dr. Ameisenhaufen. Gemeinsam mit seinem Kollegen Pere Formiguera hatte er das das Archiv des deutschen Zoologen mit dem wunderlichen Namen Ende der Achtziger Jahre entdeckt. Der sensationelle Fund zeigte unter anderem einen Affen mit einem Einhorn und Flügeln. Die Bilder der wunderlich-düsteren Serie wurden unter anderem im Museum of Modern Art ausgestellt. Dass das nicht mit rechten Dingen zugehen konnte und der sensationelle Fund des verschollen geglaubten Archivs mehr der Fantasie Fontcuberta’s zu verdanken war, sollte nicht weiter verwundern. Denn: „Es ist alles sehr witzig.“ Der Spanier spielt mit den Erwartungen der Zuseher und findet nichts daran, wenn jemand in seine Falle tappt.
Können Bilder lügen?
Augenzwinkernd hinterfragt der studierte Kommunikationswissenschaftler das Vertrauen der Menschen in die Fotografie. Für seine Serie „Sputnik“ erfand er die Geschichte des russischen Kosmonauten Ivan Istochnikov. Bei einem tragischen Unglück mit seiner Sojus 2-Rakete soll dieser im Jahr 1967 im All verschollen sein. Die russische Regierung wollte den weiteren Rückschlag in der bemannten Raumfahrt vertuschen und löschte alle Spuren zur Existenz des Kosmonauten. In seiner Ausstellung enthüllte Fontcumberta 1997 neue Beweise wie Familienbilder, die das tragische Schicksal belegen würden. Eine abstruse Geschichte, die jedoch Eingang in die urbanen Mythen Spaniens fand.
Geheimnisvoll
Eine Atmosphäre des Geheimnisvollen findet sich im gesamten Werk des Spaniers. In den frühen siebziger Jahren orientierte er sich noch direkt an den Ideen des Surrealismus, um die politischen Verhältnisse in Spanien zu kommentieren. Später beschäftigte er sich mit der Wirkung von Bildern und dem Vertrauen in das Medium.
30 Jahre Spiel mit Traumwelten: Ein Einblick in das Werk Fontcumbertas
"Nobelpreis der Fotografie"
Wieviel Vertrauen schenken Menschen den Bildern, die sie sehen? Fontcumberta beschäftigt sich mit der Wirkung der Fotografie. Für dieses Spiel mit den Möglichkeiten des Mediums wurde Fontcuberta Anfang dieses Monats mit dem renommierten Hasselblad-Preis ausgezeichnet. Der Spanier zähle zu den innovativsten zeitgenössischen Fotografen, begründete die Jury unter dem Vorsitz von Ute Eskildsen ihre Entscheidung. Die mit einer Million schwedischen Kronen dotierte Auszeichnung, das sind umgerechnet knapp 110.000 Euro, gilt weltweit als einer der wichtigsten Preise für Fotografie.
Am 25. Oktober 2013 wird eine Ausstellung mit Arbeiten von Fontcuberta im Hasselblad Center in Göteborg zu sehen sein. Frühere Hasselblad-Preisträger sind unter anderen Robert Frank, Richard Avedon, Henri Cartier-Bresson und Ansel Adams.
Joan Fontcuberta ist einer der bekanntesten Künstler Spaniens / Kataloniens. Mit seinen Werken war der 1955 in Barcelona geborene Tausendsassa in zahlreichen internationalen Sammlungen vertreten – unter anderem im New Yorker MoMA, Chicago Art Institute oder in Valencia IVAM.
Nach fast vier Jahrzehnten, in denen er sich hauptsächlich der Fotografie gewidmet hat, schuf er zuletzt auch theoretische Arbeiten, die einen Fokus auf den Konflikt zwischen Natur, Technologie, Fotografie und Wahrheit legen. Seit 2008 ist Fontcumberta auch als Präsident der Visual Artists Association in Katalonien tätig.