Kultur

Nach dem Leck nun das gesamte Programm

Das Übergangs-Führungsteam – bis zum Amtsantritt des neuen Intendanten Markus Hinterhäuser in zwei Jahren leiten Festspielpräsidentin Helga Rabl-Stadler und Schauspielchef Sven-Eric Bechtolf das Festival – präsentierte Donnerstagvormittag das Festspielprogramm für den Sommer 2015. "Sven-Eric Bechtolf und ich haben uns wahnsinnig aufgeregt, weil unser Programm wegen eines Datenlecks schon sichtbar war", spielte Rabl-Stadler mit viel Humor auf die jüngste Panne an.

Rabl-Stadler über die Zusammenarbeit: "Jeder macht das, was er am besten kann." Bechtolf sei fürs Künstlerische zuständig, sie für das Kaufmännische.

Ein Motto gibt es übrigens nächstes Jahr nicht. Bechtolf: "Unser Programm beschäftigt sich mit der Ungleichheit, etwa herrschen und dienen, Macht und Ohnmacht, Unterdrückung und Aufbegehren."

Oper: Wieder kein Kurtag

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Es gibt drei Neuinszenierungen. Statt der geplanten György-Kurtag-Uraufführung (der Komponist wurde mit dem Werk nicht fertig) kommt Wolfgang Rihms collageartige Oper "Die Eroberung von Mexico"nach Antonin Artaud. Luc Bondy inszeniert, Ingo Metzmacher dirigiert das Radio-Symphonie-Orchester Wien, Angela Denoke und Bo Skovhus singen (Felsenreitschule).

Bechtolf schließt seinen Mozart/Da-Ponte-Zyklus mit "Le nozze di Figaro" ab. Dan Ettinger dirigiert die Wiener Philharmoniker, Adam Plachetka singt den Figaro, Martina Jankova die Susanna (Haus für Mozart).

Claus Guth inszeniert Beethovens "Fidelio", Franz Welser-Möst dirigiert die Wiener Philharmoniker. Adrianne Pieczonka singt die Leonore, Jonas Kaufmann den Florestan (Großes Festspielhaus).

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Wiederaufnahmen:"Norma" mit Cecilia Bartoli;"Il Trovatore"(mit Netrebko und wieder mit Domingo, Gianandrea Noseda studiert die Musik neu ein);"Rosenkavalier". Glucks"Iphigenie en Tauride"(ebenfalls mit Bartoli) wird von den Pfingstfestspielen übernommen. Konzertant kommen Jules Massenets"Werther"(mit Elina Garanca), Henry Purcells"Dido and Aeneas"und Verdis"Ernani"(Riccardo Muti).

Schauspiel

Es gibt ebenfalls drei Neuinszenierungen. Stephan Kimmig setzt Goethes "Clavigo" im Landestheater in Szene – als Koproduktion mit dem Deutschen Theater Berlin. Henry Mason – seine Inszenierung des "Sommernachtstraum" sorgte 2013 für Aufsehen – führt auf der Perner Insel Regie bei Shakespeares "Komödie der Irrungen", Florian Teichtmeister spielt.

Bechtolf: "Es ist uns außerdem so etwas wie ein Coup gelungen." Die Rechteinhaber von Brecht/Weills "Dreigroschenoper" haben erstmals einer völligen Überarbeitung der Musik zugestimmt. Bertolt Brechts Text bleibt unverändert. Julian Crouch (einer der "Jedermann"-Regisseure) inszeniert. Erstmals seit 20 Jahren wird die Felsenreitschule wieder vom Schauspiel genutzt. Die Musik wird von Tony- und Grammy-Preisträger Martin Lowe modernisiert und einstudiert.

Konzerte

Die Ouverture spirituelle ist diesmal dem Hinduismus und der indischen Musiktradition gewidmet. Die Wiener Philharmoniker spielen Brahms (mit Muti und Semyon Bychkov), Mahlers Neunte (Barenboim), Bruckners Achte (Bernard Haitink). Anne-Sophie Mutter spielt Tschaikowskis Violinkonzert.

Die Reihe Salzburg contemporary ist Pierre Boulez zum 90. Geburtstag gewidmet. Liederabende geben Christian Gerhaher, Maria Agresta, Juan Diego Florez, Angela Denoke, Matthias Goerne oder Elina Garanca.

Wie viel vom Programm stammt noch von Alexander Pereira? Bechtolf scherzt: "Ich bin ja letztlich auch von Pereira ... aber das Programm ist in hohem Maße von uns."

In Zahlen ausgedrückt: Es gibt 188 Aufführungen – statt wie zuletzt 220. 225.645 Karten werden aufgelegt. Das Gesamtbudget 2015 beträgt 59,6 Millionen Euro.

INFOS: www.salzburgerfestspiele.at

Von einem Sparprogramm konnte man schon im Vorfeld hören, von Kürzungen beim Budget, weniger Veranstaltungen – fast hatte man den Eindruck, als würde das größte Klassik-Festival der Welt allzu sehr kleingeredet werden.

Was jedoch nun in Salzburg als Festspielprogramm 2015 präsentiert wurde, hat viele attraktive Züge. Und weist das Führungsteam Sven-Eric Bechtolf und Helga Rabl-Stadler definitiv als Gestalter und nicht nur als Lückenbüßer aus. Auch wenn das Schauspielprogramm mager ausgefallen ist.

Auffällig ist: Alexander Pereiras (auch an dieser Stelle mehrfach kritisiertes) Prinzip, jede Neuproduktion nur eine Saison lang in Salzburg zu spielen, ist Geschichte. Dass "Der Rosenkavalier" (die beste Sommerpremiere 2014) und "Il Trovatore" in Starbesetzung (wenn auch letztere Oper wieder mit Plácido Domingo als Luna) wiederkommen, ist sinnvoll.

Auffällig ist auch: Franz Welser-Möst ist mit zwei Operndirigaten ("Fidelio", "Rosenkavalier") nach seinem Rückzug von der Staatsoper der wichtigste Dirigent in Salzburg; und Cecilia Bartoli, ebenfalls mit Auftritten in zwei Opern, die wichtigste Sängerin.

"Fidelio" könnte mit Welser-Möst und Jonas Kaufmann als Florestan ein Erfolg werden. Bei den Regisseuren gibt es jedoch keinen einzigen neuen Akzent. Insgesamt ist das Programm kulinarisch, weniger ausufernd, dafür ebenso bunt und ohne große dramaturgische Linie wie zuletzt.