Salzburger Festspiele eröffnet: "Die Klimagötter sprechen zu uns"
Von Guido Tartarotti
Das offizielle Leitmotiv der Salzburger Festspiele lautet „Mythen“. Bei der Eröffnung in der Felsenreitschule klang es aber eher danach, als hieße es in Wahrheit „Klimawandel“. Dabei ist der gar kein Mythos, sondern Realität.
Der amerikanische Regisseur Peter Sellars nutzte seine Festrede zu einem flammenden Appell für globale Zusammenarbeit bei der Schaffung einer neuen, ökologischen Lebenskultur.
Sellars beklagte, es gebe derzeit „Verantwortungsträger in aller Welt, die bereit sind, die nächste Generation zu opfern“. Denn der Mensch verbrauche heute „das Sechsfache dessen, was die Welt zu bieten hat“.
Sellars: „Vielleicht stimmt etwas mit uns nicht. Wir müssen von der Ära des Imperiums in die Ära des ökologischen Bewusstseins kommen.“
Für die Verschmutzung unseres Lebensraums fand Sellars drastische Worte: Der Mensch nehme derzeit pro Woche eine ganze Kreditkarte an Plastikmüll zu sich – „wir werden zu Plastikmenschen“. Und die Menschen seien ignorant: „Die Götter sprechen zu ihnen, aber sie können nicht hören.“ Und: „Leben wir gut, wenn 20 Prozent der Weltbevölkerung 86 Prozent der Ressourcen verbrauchen?“ Selbst der Gebrauch der Wörter „wir“ und „unser“ sei durch Engstirnigkeit vergiftet.
Notfall
Gegen den Klimawandel – Sellars verwendete den Begriff „climate emergency“, also eigentlich Klima-Notfall – helfe nur eines: „Wir müssen unsere schlechten Angewohnheiten ablegen.“
Sellars forderte ein Ende des kapitalistischen Systems – „alles, was im Leben wichtig ist, kann man nicht monetarisieren“. Und Sellars schloss mit dem Aufruf: „Kinder, bitte sprecht weiter mit euren Eltern! Eltern, bitte hört auf eure Kinder!“
Nasse Hände
Bundespräsident Alexander Van der Bellen griff das Thema des Klimaschutzes auf und sagte: „Wir grüßen uns mit schweißnassen Händen, wir könnten registrieren, dass hier etwas im Gange ist, wenn wir wollten.“ Und in Anspielung auf das Festspielmotto: „Die Klimagötter sprechen seit Jahrzehnten zu uns, aber wir wollen nicht hören.“
In seiner trotz des ernsten Themas sehr humorvollen Eröffnungsrede lobte der Bundespräsident die „fridays für future“-Bewegung und sagte: „Ich wäre nicht der Bundespräsident, wenn ich nicht Anlass für Zuversicht und Hoffnung sähe.“ Und er schloss: „Wenn wir weiterleben wollen, werden wir nicht so weitermachen können.“
In ihrer ersten – und vermutlich einzigen – Rede zur Salzburger Eröffnung betonte Bundeskanzlerin Brigitte Bierlein die „umfassende und unteilbare Freiheit der Kunst“. Bierlein: „Der Weg vom Konflikt zum Konsens führt über den Kompromiss. Die Kunst kann auf den Kompromiss verzichten. Die Politik ist auf den Dialog angewiesen.“
Salzburgs Landeshauptmann Wilfried Haslauer sprach über das Thema Grenzen – ihre Gefahren, ihr Nutzen und ihre Überwindbarkeit. Und er warnte vor dem „technisch optimierten Menschen“: „Unsere Schwäche ist kostbar, unsere Unvollkommenheit ein Geschenk.“ Besser werden zu können, das scheine uns Menschen erst auszumachen.
In ihrer wie immer sehr schwungvollen Begrüßungsansprache ging auch Festspielpräsidentin Helga Rabl-Stadler auf das Thema Klima-Krise ein: „Klimawandel und Umweltschäden werden zu einem Umdenken führen müssen.“ Rabl-Stadler plädierte aber für „Lust statt Zwang“ und warnte vor einer „Öko-Diktatur“. Und sie schloss: „Lassen Sie sich von uns verzaubern!“
Und nächstes Jahr dann Eröffnungsrednerin Greta Thunberg?