Kultur

Seit 37 Jahren spielt er für Adeline

In einer Welt, in der es immer weniger Sicherheiten gibt, ist es schön, wenn man sich auf etwas verlassen kann. Richard ClaydermanNancy Reagan nannte ihn „Prince of Romance“ – ist so ein verlässlicher Wert. Seit fast vierzig Jahren die selbe Frisur, die selbe Ballade, die gleichen romantisch-träumerischen Plattentitel.

Auch für seine Plattenfirma ist er ein verlässlicher Wert: 80 Millionen Tonträger hat er verkauft, seine „Ballade pour Adeline“ liegt mit 22 Millionen an fünfter Stelle der weltweit meist verkauften Singles. 276-mal Gold, 70-mal Platin spielte er ein, laut Guinness Buch der Rekorde ist er der erfolgreichste Pianist der Welt – und das, obwohl er selbst sagt, dass es bessere als ihn gibt. Jetzt hat Clayderman eine neue CD aufgenommen: „Romantique“. Die Plattenfirma verspricht (sich): „Die Prinz der Romantik ist zurück– die Geschichte wird sich wiederholen“.

Herr Clayderman, Sie heißen ja eigentlich Philippe Pagès. Was gefiel Ihnen daran nicht?
Richard Clayderman:
Meinen Produzenten gefiel der Namen nicht. Pagès ließ sich international nicht verkaufen. Auf Englisch klingt das nicht gut. Da fiel mir ein, dass es in meiner Familie auf der skandinavischen Seite vor vielen Generationen den Namen Clayderman gab, das gefiel meinem Management gleich.

Von den skandinavischen Wurzeln zeugen ja auch Ihre Haare.
Meine Mutter und Großmutter sahen auch so aus. Blond und blauäugig.

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Sie haben immer noch die selbe Frisur wie in den 70ern.
Ja, vielleicht etwas weniger Haare, aber die Frisur ist die selbe. Meine Frau sagt mir immer, ich soll mir die Haare schneiden, aber mir gefällt meine Frisur.

Wenn wir über Dinge, die sich nicht verändern sprechen: Sie werden dieses Jahr 60. ...
Ja, Wahnsinn, wie schnell die Zeit vergeht ...

... und seit 37 Jahren spielen Sie Ballade pour Adeline. Haben Sie das nicht schon satt?
Ich verdanke diesem Lied meine Karriere. Diese kleine, leicht zu spielende Melodie hat das Herz unzähliger Menschen berührt. Nein, ich hab es gar nicht satt.

Auch auf dem neuen Album spielen Sie dieses Lied.
Ja, wir haben neue Lieder aufgenommen und sofort dachten wir auch an Adeline. Wir haben uns für die alte, bewährte Fassung entschieden, sie ist ein Augenzwinkern in die Vergangenheit.

Wie oft haben Sie das Lied schon gespielt?
Bestimmt 9000-mal.

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Ihr Vater war Klavierlehrer. Hätte er Ihre kommerzielle Musik gutgeheißen?
Er wäre sehr stolz gewesen. Und meine Mutter ist definitiv stolz auf mich, sie verfolgt meine Karriere genau.

Sie haben am Konservatorium studiert. Wollten Sie nie eine weniger kommerzielle Karriere einschlagen?
Ich glaube, es ist schon richtig, wie es gekommen ist. Es gibt weltweit so viele wunderbare Pianisten, da hielt ich es für eine gute Idee, etwas anderes zu machen. Ich hab mich für Varieté entscheiden. Auch dafür braucht man eine solide, klassische Grundlage.

Was antworten Sie Leuten, die Ihre Musik als Aufzugsmusik bezeichnen?
Na und? Wenn es Aufzugfahren angenehmer macht? Ich höre diese Beurteilungen schon so lange. Klar, Instrumentalmusik eignet sich eben besser als Hintergrundmusik. Daran ist nichts Böses. Seit 37 Jahren höre ich schlechte Kritiken. Das ist ja auch normal. Ein Klassik-Kritiker kann mit mir nichts anfangen und ein Popmusik-Experte schon gar nicht. Ich bin allein in meiner Nische...

... allein mit André Rieux.
Klar, André Rieux, der hat aber auch optische Reize wie das große Orchester und die Kostüme. Aber ich bin sicher: Auch er muss schlechte Kritik verdauen. Das ist eben Künstlerpech, damit muss man fertig werden.

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Wer ist Ihr Publikum? Gibt es ein Durchschnittsalter?
Es kommt drauf an, wo: In Asien, wo ich viel unterwegs bin, habe ich sehr viele junge Fans. Sieben-, Achtjährige, die mit ihren Eltern kommen. Die sagen sich bestimmt: Wenn unser Junge Clayderman hört, wird er später ein berühmter Pianist. In Südamerika sind die Leute schon etwas älter, Anfang dreißig. In England sah ich zuletzt bei meinem Konzert auch junge Paare und, klarerweise, viele Ältere. Die ganze Familie findet was an mir.

Welche Art von Musik hören Sie selbst?
Jazz, hauptsächlich. Herbie Hancock, Keith Jarrett, Chick Corea. Und natürlich Michel Petrucciani. Ich bin leider nicht imstande, so zu spielen.

Wie sieht es aus mit Rock? Metallica?
Nein, da muss ich passen. Das berührt mich weniger.