Oehl: Eklektischer Pop mit Liebe zu Rilke und Goethe
„Ich haben eine große Sammlung von Lyrik-Bänden. Und ich freue mich immer, wenn man mir noch einen schenkt. Der liegt dann herum, ich lese immer wieder darin. Und wenn ich damit am Klavier sitze, nehme ich mir ein paar Worte raus, die mich berühren oder auf eine Idee bringen, und schreibe drumherum einen Song.“
Deshalb zitiert Ariel Oehl in seinen Liedern Rilke und nimmt Anleihen bei Goethe, um über Gott, die zerbrechliche Eltern-Kind-Beziehung, oder einen Flüchtling, der abgeschoben wird, zu sinnieren.
Jetzt hat der 31-Jährige das mit seinem Duo-Partner, dem Vielinstrumentalisten Hjörtur Hjörleifsson, zu „Über Nacht“, dem ersten Album von Oehl, komplettiert. Das glänzt mit melancholischen, aber auch tanzbaren Song-Perlen, die zwischen Liedermacher-Sounds und Indie changieren und musikalisch gelegentlich auch an James Blake erinnern. All das machen die beiden so gekonnt, dass Herbert Grönemeyer Oehl auf sein Label holte.
„Herbert hat uns im Radio gehört“, erzählt Oehl im Interview mit dem KURIER. „Und zwar, nachdem Casper unseren Song ,Keramik‘ im Internet entdeckt und gepostet hatte, dass das sein Song des Jahres ist. Herbert hat für sein Label natürlich Leute, die sich um alles kümmern und auch die Künstler ranschaffen. Aber uns unter Vertrag zu nehmen, war sein persönlicher Wunsch. Deshalb habe ich ihn gefragt, ob er uns auch mit auf Tour nimmt.“
Das tat Grönemeyer. Oehl begleiteten den Deutschrock-König auf dessen Stadien-Tour. Verrückt, sagt Ariel Oehl, sei es gewesen, vor 55.000 Leuten aufzutreten. Auch, weil der Art-Director für Grafik und Industrie-Design nie die Öffentlichkeit gesucht hatte. „Ich habe Musik gemacht, seit ich 14 war, aber immer nur als Hobby. Ich bin in Salzburg aufgewachsen, war dort am musischen Gymnasium, das aber voll auf Klassik fokussiert war. Ich hatte eine Schülerband, die war aber anders als Chor und Orchester eher unbeliebt.“
Oehl war sowieso im Literaturzweig. Auf die Lyrik kam er wegen seiner Aufmerksamkeitsspanne „von zehn Minuten“: „Romane lesen dauert zu lange. Und mich fasziniert, wie schnell man mit Lyrik auf den Punkt kommen, eine Geschichte erzählen und Emotionen erzeugen kann.“
Wegen der geringen Aufmerksamkeitsspanne ist Hjörleifsson der ideale Partner für Oehl: „Hjörtur kam mit 14 aus Island nach Salzburg. Wir haben uns aber erst später in Wien kennengelernt. Ich habe ihn über das Internet gefunden. Und dann saßen wir im Sommer 2017 im Keller zusammen, haben Musik gemacht und wollten gar nicht aufhören, weil alles so gut im Fluss war. Mit jedem anderen würde ich dabei nach zehn Minuten einschlafen. Aber Hjörtur hat so viel Energie, und das ist so mitreißend.“
Oehl auf Tour:
5. 3. Innsbruck/Kulturbackstube
6. 3. Dornbirn/Spielboden
7. 3. Salzburg/ARGEkultur
12. 3. Graz/Orpheum
13. & 14. 3. Wien/Grillx (beide schon ausverkauft)
20. 3. Vöcklabruck/Offenes Kulturhaus
29. 10. Wien/WUK