Kultur

Michael Moore: Das Leben eines Querschlägers

Damit man darauf vorbereitet ist, man weiß ja nie: Also, wenn man einen Oscar überreicht bekommt und auf der Bühne seine mehr oder weniger langweilige Dankesrede gehalten hat, dann wird man hinter dem Vorhang von zwei Worten in Empfang genommen.

Sie kommen von jungen Menschen in Abendkleidung, die von der Academy dafür extra engagiert wurden.

Das erste Wort wird von einer Frau im Designerkleid gesprochen und lautet: "Champagner?"

Das zweite Wort wird von einem Mann im Smoking gesprochen und lautet: "Breathmint?" Man sollte nicht für möglich halten, dass auch strahlende Oscar-Gewinner ungut riechen und ein scharfes Zuckerl brauchen.

Filmemacher

Michael Moore hörte noch ein drittes Wort. Er war 2003 wegen seiner kritisch-grotesken Doku über die US-Waffenlobby "Bowling For Columbine" auf die Bühne gerufen worden und hatte seine Rede dafür verwendet, um gegen den Irak-Krieg aufzutreten und über Präsident Bush zu schimpfen.

Moore, eilig nach "hinten" getrieben, hörte "Champagner?" und "Breathmint?" – und als drittens: "Arschloch!" Das schrie ihm ein Bühnenarbeiter ins Ohr.

Allein diese Geschichte ist es wert, "Here Comes Trouble – Mein Leben als Querschläger" zu lesen. Eine Mischung aus Autobiografie und Comedy, die am Montag mit 35.000 Exemplaren in den Handel kommt. Man weiß nie genau, was stimmt.

 

Heiligkeit

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Bei Moores preisgekrönten Filmen ist das ja mitunter ebenso. Der US-Systemkritiker manipuliert sozusagen zurück. Er bewegt mit seinen Polemiken viel, aber seine "Heiligkeit" macht es sogar den wohlgesinnten Kollegen unmöglich, mit ihm auf einen seiner heiß geliebten Hamburger zu gehen.

Im neuen Buch erfahren wir, dass Michael Moore als Neugeborener "groß genug war, um Zwillinge zu sein" und gehen mit ihm den Weg zum ersten Dokumentarfilm "Roger and Me" (1988/’89) über die Schließung der General Motors-Werke in seiner Heimatstadt Flint.

Dass er sich daheim eingeschlossen hat und fast aufgegeben hätte, ist zu lesen: Nach "Fahrenheit 9/11" im Jahr 2004, als er Verbindungen der Bushs mit arabischen Geschäftsleuten beleuchtete, musste er Soldaten der Navy mit Nachtsichtgeräten ins Haus lassen. So gefährdet war angeblich seine Sicherheit.

Man habe ihn mit Messer, gespitztem Bleistift, Pistole, brühendem Kaffee zu attackieren versucht, und ein Verrückter namens Lee James Headley habe geplant, ihn in die Luft zu jagen. Kraft habe Moore ausgerechnet aus einem Zitat des gehassten US-Präsidenten geschöpft: "Wenn wir den Terroristen nachgeben, dann gewinnen die Terroristen."

Der Bühnenarbeiter mit dem "Arschloch" soll sich später übrigens bei Moore entschuldigt haben: "Sie hatten damals recht. Bush hat uns wirklich angelogen."