Kultur

Michael Haneke triumphiert beim Europäischen Filmpreis

Ein Triumph für die Liebe: „Amour“, das bereits in Cannes mit der Goldenen Palme gekrönte jüngste Werk des österreichischen Regisseurs Michael Haneke, hat die Europäischen Filmpreise 2012 dominiert.

Haneke selbst wurde am Samstag bei der Verleihung in Malta als bester Regisseur ausgezeichnet. „Amour“ wurde darüber hinaus zum besten europäischen Film des Jahres gekürt. Und die beiden Hauptdarsteller, Emmanuelle Riva und Jean-Louis Trintignant, bekamen die Preise als beste Schauspieler.

Konkurrenz

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  Haneke ging mit sechs Nominierungen für seinen Film als großer Favorit ins Rennen um die 25. Europäischen Filmpreise – und löste diese Vorgabe ein. Nur in den Kategorien bestes Drehbuch und beste Kamera ging Hanekes Liebes- und Todesdrama leer aus.

In der Regie-Kategorie setzte sich Haneke gegen vier prominente Konkurrenten durch, u.a. gegen Steve McQueen (der für „Shame“ zwei Preise gewinnen konnte) und Thomas Vinterberg.

Als Regisseur steht Haneke (70) damit nun alleine an der Spitzenposition in der Bestenliste des Europäischen Filmpreises, die er bereits zuvor ex aequo mit Pedro Almodovar mit je zwei Auszeichnungen angeführt hatte. Die Kategorie „Bester Film“ gewann Haneke zum insgesamt dritten Mal (zuvor mit „Cache“ 2005 und „Das Weiße Band“ 2009).

Haneke lässt sich bei Oscars „überraschen“

Der Regisseur selbst gab sich nach der Verleihung recht unaufgeregt: „Ich habe ja schon einige Europäische Filmpreise gewonnen. Das ist jetzt zu Hause der siebente oder achte“, sagt er zur APA. Auch bezüglich etwaiger Oscar-Aussichten für den vielfach gewürdigten Film zeigte Haneke sich zurückhaltend: „Das letzte Mal (2010 mit „Das weiße Band“, Anm.) hat es auch gut ausgesehen und ich habe ihn dann nicht bekommen. Ich kann mich nur überraschen lassen: Wird es eine gute Überraschung, freut es mich, wird es eine schlechte, werde ich auch nicht sterben.“

Georg Leyrer

Der Triumphator im Porträt

Margarethe Tiesel, die Hauptdarstellerin aus Ulrich Seidls "Paradies: Liebe" musste sich mit einer Nominierung als beste Schauspielerin zufriedengeben. Sie sei natürlich traurig, bekannte die 53-jährige Grazerin nach der Gala und nahm es dennoch pragmatisch: "Jetzt bin ich auf dem gleichen Stand wie Kate Winslet - die hat den Preis auch nicht bekommen!"

Und auch der dritte österreichische Nominierte muss am heutigen Sonntag ohne die elegante EFA-Statuette aus Malta abreisen: Albert Sackl, der sich mit seinem 23-minütigen Werk "Im Freien" in der Kategorie Bester Kurzfilm gleich mit 13 Konkurrenten konfrontiert sah, zog gegen den rumänischen Beitrag "Superman, Spiderman or Batman" den Kürzeren.

Die gut 1.000 Zuschauer aus der Filmbranche wurden bereits zum vierten Mal in Folge von Deutschlands Starmoderatorin Anke Engelke durch den Abend geführt. Die 46-Jährige warf sich in Ritterrüstungen, Popeye-Verkleidungen und überraschte gewohnt humorvoll mit immer neuen und von einer leichten Larmoyanz hinsichtlich des europäischen Kinos geprägten Einspielern.

Helen Mirren mit Ehrenpreis ausgezeichnet

Tränen flossen hingegen bei den beiden Ehrungen, die bereits im Vorfeld bekannt waren: Helen Mirren wurde für ihre Verdienste um das europäische Kino geehrt und erinnerte sich mit feuchten Augen an ihr erstes prägendes Kinoerlebnis, während Regiealtmeister Bernardo Bertolucci ("Der letzte Kaiser") im Rollstuhl auf die Bühne geschoben werden musste, um die Auszeichnung für sein Lebenswerk entgegenzunehmen.

Und dann waren sogar noch Freudentränen bei einem echten Happy End im Rahmen der Gala zu vermelden: Produzent Mariano Vanhoof machte während seiner Dankesrede nach der Übergabe des Publikumspreises an die belgische Komödie "Come as you are" seiner Lebensgefährtin einen Heiratsantrag - den die sichtlich Überraschte annahm.

(apa/kob)

Hätte es noch eines Beweises bedurft, dass ein Österreicher der zurzeit wichtigste Kinoregisseur Europas ist – er wäre an diesem Wochenende in Malta erbracht worden.

Michael Haneke wurde zum dritten Mal beim Europäischen Filmpreis mit der Regie-Auszeichnung geehrt. Sein Film „Amour“ ist bereits sein dritter, der zum besten des Jahres in Europa gewählt wurde. Und seine Hauptdarsteller, Emmanuelle Riva und Jean-Louis Trintignant, wurden als beste Schauspieler gekürt.
Ähnlich erfolgreich war der Film über das Sterben einer alten Dame schon bei den Filmfestspielen in Cannes gewesen.
Wenn nun im Februar 2013 die Oscars vergeben werden, ist es sehr wahrscheinlich, dass Haneke erstmals auch diese Trophäe gewinnt.
Weil es sein bisher mildester Film ist (zu starke Irritationen sind in den USA nicht mehrheitsfähig).
Weil es sich bei aller Tragik um einen sehr liebevollen Film handelt (im Gegensatz zu vielen misanthropischen Filmen anderer österreichischer Regisseure).
Und weil Themen wie Sterben oder Behinderung bei der Oscar-Akademie traditionellerweise gut ankommen.
Aber wie wichtig kann jemandem wie Haneke, der in Europa alles gewonnen hat, ein Oscar überhaupt sein? Sehr wichtig. Dem Vernehmen nach kann er nicht nur detailliert aufzählen, was er gewonnen hat – sondern auch, wo er bisher leer ausgegangen ist.

Gert Korentschnig

Bester Film: "Amour" von Michael Haneke
Beste Regie: Michael Haneke ("Amour")
Beste Hauptdarstellerin: Emmanuelle Riva ("Amour")
Bester Hauptdarsteller: Jean-Louis Trintignant ("Amour")
Bestes Drehbuch: Tobias Lindholm und Thomas Vinterberg ("Die Jagd")
Beste Kamera: Sean Bobbitt ("Shame")
Bester Schnitt: Joe Walker ("Shame")
Bestes Filmmusik: Alberto Iglesias ("Dame König As Spion")
Beste Ausstattung: Maria Djurkovic ("Dame König As Spion")
Bester Dokumentarfilm: "Winternomaden" von Manuel von Stürler
Bester Animationsfilm: "Alois Nebel" von Tomas Lunak
Bester Debütfilm: "Kauboy" von Boudewijn Koole
Bester Kurzfilm: "Superman, Spiderman or Batman" (Regie: Tudor Giurgiu)
Publikumspreis: "Come as you are" von Geoffrey Enthoven

Bereits im Vorfeld standen fest:
EFA-Preis für das Lebenswerk: Bernardo Bertolucci
EFA-Preis für den Beitrag zum Weltkino: Helen Mirren
Koproduktionspreis Prix Eurimages: Helena Danielsson