"Österreich – Die ganze Geschichte": Auftakt zum "Mammutprojekt" des ORF
Von Christoph Silber
Die Episoden-Titel verheißen Handfestes: „Die Herrschaft des Hungers“ (Folge 2), „Geiseln der Kälte“ (Folge 5) oder „Am Schafott der Freiheit“ (Folge 10) sind Teil der Auftaktstaffel von „Österreich – Die ganze Geschichte“. Dahinter verbirgt sich das größte Doku-Projekt der ORF-Geschichte. Ausgangspunkt ist die erste urkundliche Erwähnung des Namens Ostarrichi im Jahr 996. Fortgeschrieben wird Staffel 1, die zunächst im 18. Jahrhundert endet, anhand von Einzelschicksalen und heutigen Themen wie der Zukunft der Demokratie, Pandemie, Klimawandel, Toleranz oder das Verhältnis von Mann und Frau.
Beginnend mit der Folge „Krieger und Baumeister" zeigt ORFIII Staffel 1 vom 27. bis 29. Dezember sowie am 2. und 3. Jänner jeweils in Doppelfolgen (stets ab 20.15 Uhr). Sie sind auch in der TVthek bzw. auf der neuen Online-Plattform ORF On (ab 1. Jänner) verfügbar – durch die ORF-Gesetzesnovelle und den dadurch erweiterten digitalen Möglichkeiten dort länger als nur eine Woche.
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Über vier Jahre werden 40 Folgen für vier Staffeln von „Österreich – Die ganze Geschichte“ aufwendig produziert. „Ein Mammutprojekt“ nannte es Moderatorin Mariella Gittler bei der Präsentation. Sie führt mit Andreas Pfeifer, Leiter des ORF-Büros in Berlin, durch die Folgen.
ORF-Chef als Initiator
Die Umsetzung der Vorzeige-Produktion erleichtert, dass der Chef der Initiator ist. ORF-Generaldirektor Roland Weißmann hat selbst Geschichte studiert. „Es freut mich, dass wir mit dieser neuen ORFIII-Produktion die Möglichkeit haben, österreichische Geschichte ganz neu zu erzählen und auszuleuchten. Damit schafft der ORF als multimediales Gedächtnis und Leitmedium der Nation einen unschätzbaren bleibenden Wert im Sinne des öffentlich-rechtlichen Bildungsauftrags.“
Weißmann hofft, dass die moderne Machart mit Schauspiel-Szenen, Augmented-Reality-Elementen und animierten Grafiken auch ein jüngeres Publikum zum Anschauen motiviert und die Reihe in Schulen zum Einsatz kommt. Er sieht da den Öffentlich-Rechtlichen – demnächst durch den ORF-Beitrag finanziert, der vor allem junge Streamer trifft – als „Verbinder zwischen den Generationen und gesellschaftlichen Schichten.“
Authentizität
Über die Authentizität des von den Fernsehmachern Erzählten wachte ein Historiker-Gremium, was beidseits einiges abverlangt hat. „Wir waren kein bequemer Partner“, sagte Christina Lutter, Dekanin der Historisch-Kulturwissenschaftlichen Fakultät. „Ein ständiges positives miteinander Austauschen“, nannte es ORFIII-Programmgeschäftsführer Peter Schöber.
Lutter erläuterte: „Wir haben in den vergangenen 20 bis 30 Jahren in der Forschung viele neue Erkenntnisse gewonnen, die noch gar nicht in der Popularkultur angekommen sind. Wir wissen jetzt viel mehr über das Arbeitsleben der Menschen oder über Geschlechterbeziehungen, als es in den klassischen Narrativen Berücksichtigung findet.“ Bei der Arbeit an einer solchen Reihe lerne man auch miteinander, was dem Gegenüber noch möglich ist. „Dass man sich in der Sache hart auseinandersetzt, ist eine Selbstverständlichkeit“, meint die Wissenschaftlerin
Johannes Preiser-Kapeller (Akademie der Wissenschaften) hält die Folgen für „visuell unheimlich beeindruckend. Das ist am Ende auch eine Gefahr. Denn das sind hier nicht TikTok-Videos oder Fake News, sondern es geht hier um Fakten, die geerdet in Quellen sind.“