Die Leiden mit jungen Sehern
Von Christoph Silber
Nachdenken über das ORF-TV-Programm steht auf der To-do-Liste einer Klausur der ORF-Hauptabteilungsleiter in Salzburg. Angeführt von Programm-Direktorin Kathrin Zechner, jedoch in Abwesenheit (budget-)verantwortlicher Channel-Manager, sucht man innovative Lösungen für programmliche „Herausforderungen“, wie es heißt. Explizit im Vorfeld eingefordert: Die Beitragszahler sollen zufriedengestellt werden. Ein guter Ansatz angesichts stetig wiederkehrender Gebühren-Debatten.
Ob das Nachdenken etwas nutzt, hängt davon ab, wie empfänglich Channel-Manager für Anregungen sind. Einen Bereitschaftsschub könnte – manche am Küniglberg meinen „sollte“ – der Blick auf die Quoten bringen (Stand Montag).
Die zeigen im November die eine oder andere Überraschung: Dazu zählt etwa, dass aktuell ein stabiles ORF2 bei den 12- bis 49-Jährigen wieder vor dem Einserkanal liegt, dessen Kernzielgruppe die Jungen wären. Die ORF1-Verantwortlichen haben diesbezüglich nur einen Grund zum Durchatmen: „Feuer und Flamme“ ist endlich gelöscht – die misslungene Feuerwehr-Show lag aber trotz grottenschlechter Werte immer noch über dem Gesamt-Sender-Schnitt von 9,7 Prozent bei den Jungen.
Der ist aber auch hausgemacht: wegen der Vorabend-Quotenkatastrophe rund um die öffentlich-rechtliche Errungenschaft „Magazin 1“ . Ab Dezember wird es nun auf nur zehn Minuten gekürzt und steht dem Seher am Weg von den US-Serien am Nachmittag zum neuen ORF1-Quiz „Q1“ weiter zehn Minuten im Weg.
18 Monate nach dem Start der neuen Channel-Manager ist der Befund deutlich: ORF1 hat mehr als ein Viertel seines Marktanteils bei jungen Sehern verloren. Die intern Tapete genannte Übersicht der Sendeplätze samt Quoten-Zielen ist bei ORF1 im Vor- und Hauptabend tief rot. Trotzdem stellte sich ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz jüngst beim Sonderfinanzausschuss vor die heftig kritisierte Kanal-Chefin Lisa Totzauer – und musste sich später just von ihr Kritik gefallen lassen.
Austria’s Last Topmodel
Dass die junge Zielgruppe schwierig ist, hat auch Puls4 zu spüren bekommen. Just die zehnte Staffel von „Austria's Next Topmodel“ interessierte über Wochen gar nicht und blieb weit unter den Erwartungen. Im konzerninternen Duell hat im November ATV mit „ Bauer sucht Frau“ und Co. die Nase vorne – mit einem Monatsmarktanteil von aktuell 5,3 Prozent gegenüber 4,7 bei Puls4.
Auf Kurs zum Quoten-Rekord ist ServusTV: Das Finale der ATP Finals zwischen Dominic Thiem und Stefanos Tsitsipas verfolgten durchschnittlich 677.000 Menschen, der höchste Wert in der Servus-Geschichte, der Spitzenwert der Übertragung lag bei über einer Million. Bei den Sehern ab 12 könnte man nun erstmals einen Monatsmarktanteil von vier Prozent erreichen, bei den Jungen sind es derzeit 3,4 Prozent.